5.5. Projektergebnisse und -erkenntnisse
Im Rahmen dieses Projekts wurde ein intelligentes Lademanagementsystem auf Basis der IEC61851 Norm entwickelt. Im Feldtest wurden Elektrofahrzeuge von sechs verschiedenen Herstellern verwendet. Um ein skalierbares und herstellerunabhängiges Lademanagementsystem zu gewährleisten, wurde vollständig auf proprietäre oder herstellerspezifische Schnittstellen verzichtet.
Mit dem entwickelten Lademanagementsystem ist es gelungen, Ladevorgänge an allen Fahrzeugtypen zu steuern, auch wenn einige Fahrzeuge nicht das in der Norm vorgesehene Verhalten aufwiesen. Beispielsweise war bei einigen Fahrzeugtypen eine Stromreduktion auf 0 A und damit eine Ladungsunterbrechung nicht möglich, da diese dann in einen Schlafmodus fielen und die Ladung nicht mehr gestartet werden konnte.
Diese Fahrzeuge mussten stattdessen mit einem Mindestladestrom von 6 A geladen werden. Bei einem Fahrzeugtyp wurde die Mindestladeleistung sogar auf 11 kW festgesetzt, da eine Ladeunterbrechung des dreiphasig ladenden Fahrzeuges nicht möglich war (Sleep-Thematik) und bei einem Mindestladestrom von 6 A dreiphasig die Netzrückwirkungen so erheblich waren, dass die Ladevorgänge anderer Fahrzeuge beeinträchtigt wurden. Nach Angaben des Fahrzeugherstellers wurde diese Problematik jedoch in der neuesten Revision des Fahrzeugmodells behoben.
Durch das entwickelte intelligente Lademanagement konnte deutlich mehr regional erzeugter Strom für das Laden genutzt werden. Während beim ungesteuerten Laden teilweise nur 40 % des Ladestroms aus Photovoltaik-Anlagen der Region stammten, waren es mit Lademanagementsystem bis zu 69 %. Wären alle Fahrzeuge steuerbar gewesen, läge dieser Anteil sogar bei über 80 %. Außerdem konnten die Leistungsspitzen im Stromnetz, die durch das zeitgleiche Laden von Elektrofahrzeugen verursacht werden, geglättet und im Mittel um 43 % reduziert werden.
Insgesamt wurden zum Laden der Fahrzeuge mehr als 62.000 Kilowattstunden regenerativ erzeugter Strom genutzt. Dadurch wurden rund 20.000 Liter Benzin eingespart, wodurch der CO2-Ausstoß um rund 50 Tonnen reduziert werden konnte.
Zukünftige Fahrzeuggenerationen werden vermutlich nicht nur die IEC61851 vollständig unterstützen, sondern auch die ISO 15118, welche das Lademanagement deutlich vereinfacht, da benötigte Daten wie Ladezustand oder Abfahrtszeitpunkt direkt zwischen Ladestation und Fahrzeug ausgetauscht werden können. Somit entfällt die aufwendige Verknüpfung dieser Daten und der Nutzer muss diese nicht immer händisch eintragen.
Untersuchungen im Rahmen des Projektes zeigten, dass es für den Einsatz von Lademanagementsystemen zahlreiche Anwendungsfälle gibt, welche teilweise auch kombiniert werden können. Der aktuell wirtschaftlichste Anwendungsfall besteht in der Kombination aus geringeren Netzanschlusskosten und Spitzenlastmanagement. Spitzenlastmanagement ist nur für leistungsgemessene Kunden mit einer jährlichen Abnahmemenge größer 100.000 kWh relevant. Weitere Anwendungsfälle sind Eigenverbrauchsoptimierung, Einsatz als steuerbare Verbrauchseinrichtung oder das Ausnutzen variabler Stromtarife.
Mittels der in Prototypentests, GPS-Logger-Analyse und durch Messung am Parkplatz Buchloe gewonnenen Erkenntnisse konnte auch das Verhalten von Elektrofahrzeugen am Netz detailliert untersucht und bewertet werden. Dabei wurde deutlich, dass insbesondere aufgrund der derzeitigen Divergenz des Ladeverhaltens unterschiedlicher Fahrzeugtypen die Auslegung des Parkplatzanschlusses aufwendig und auch sehr kostenintensiv ist. Durch eine Angleichung der Ladeeigenschaften der Elektrofahrzeuge und insbesondere durch Verzicht auf einphasige Ladung könnte die Netzintegration von Elektrofahrzeugen deutlich effizienter gelingen. Um derartige Anforderungen an das elektrische Verhalten der Fahrzeuge auch durchzusetzen, sollte dieses zukünftig im Rahmen der Zulassung geprüft werden.
Pendler stärker für das Thema Elektromobilität zu sensibilisieren – auch das war ein Ziel des Projekts. Dafür wurden nach jeder Feldtestphase Befragungen durchgeführt. „Die Ergebnisse zeigen, dass alle Projektteilnehmer vom elektrischen Fahren begeistert waren und jederzeit wieder an einem ähnlichen Projekt teilnehmen würden. Für mehr als die Hälfte wäre ein Elektroauto dauerhaft eine denkbare Alternative zum eigenen Fahrzeug. Unsere Erwartungen wurden sogar noch übertroffen, denn zusätzlich zu den Testfahrern konnten mehr als 200 Personen aus dem Umfeld der Projektteilnehmer Erfahrungen mit dem leisen und emissionsfreien Fahren sammeln. ePlanB wirkte also weit über den Kreis der unmittelbaren Teilnehmer hinaus“, freut sich auch LEW-Vorstandsmitglied Norbert Schürmann. „Elektromobilität ist die Technologie, die die Energiewende auf die Straße bringt und wir sind stolz, dass wir die Menschen dafür begeistern konnten."
6.6. Zusammenfassung
Die Projektpartner konnten durch das Forschungsprojekt mit der enthaltenen Prototypenentwicklung demonstrieren, wie Elektromobilität erfolgreich in das Energiesystem integriert werden kann. Eine Produktentwicklung bis hin zur fertigen Produktreife konnte in diesem Projekt jedoch noch nicht abgeschlossen werden, da die aktuelle Ladetechnik der am Markt verfügbaren Fahrzeuge und die sich stetig verändernden technischen Regularien eine nachhaltige Umsetzung verzögern. Diese kann erst erfolgen, wenn die Informationsweitergabe durch die Hersteller auch an externe Dienstleister gewährleistet bzw. die ISO 15118 flächendeckend umgesetzt wird. Generell wurden in diesem Projekt wichtige Erkenntnisse gewonnen, und die Entwicklung eines marktreifen Prototypen in einem möglichen Folgeprojekt maßgeblich unterstützt.
7.7. Ausblick
Ein wie in diesem Projekt entwickeltes Lademanagement ist für eine intelligente Netzintegration der Elektromobilität nötig und wird in Zukunft mit zunehmender Anzahl von Elektrofahrzeugen an Bedeutung gewinnen. Aktuell ist das Lademanagement aufgrund von nicht final standardisierten Schnittstellen bzw. nicht final implementierten Versionen von beispielsweise der ISO 15118 nur begrenzt skalierbar.
Aus diesem Grund ist heute eine Konzentration auf einfache Ladestrategien, beispielsweise Lastmanagement, bei denen keine detaillierten Kenntnisse über die Fahrzeuge nötig sind, sinnvoll. Der minimale Ladestrom wird dabei auf den kleinsten gemeinsamen Nenner aller Fahrzeuge reduziert. Zusätzlich sollten zukünftig alle Fahrzeuge vollständig unterbrechbar und fernwirktechnisch wieder startbar sein, was das Potenzial dieser Ladesteuerung weiter erhöht.
Mit einer vollumfänglichen Implementierung der ISO 15118 sollten sich zusätzlich neue Möglichkeiten eröffnen, da der Datenaustausch erweitert wird und somit komplexere Ladesteuerungen vereinfacht werden. Hierbei besteht weiterer Forschungsbedarf, der das Verhalten der Fahrzeuge und Ladestationen mit vollumfänglicher ISO 15118 untersucht. Sinnvoll wäre beispielsweise ein analog zu diesem Projekt durchgeführter Feldversuch, der Schwachstellen und Limitationen dieser Norm aufdeckt und somit die Entwicklung und Netzintegration voranbringt.
Denkt man an einen vollelektrifizierten Individualverkehr, wird ein Lademanagement unumgänglich sein, um zu hohe Lastspitzen zu vermeiden. Außerdem werden vermutlich zukünftig immer mehr Elektrofahrzeuge mit bidirektionaler Ladetechnik ausgestattet sein, die es ermöglicht, auch Energie in das Netz zurückzuspeisen. Ein beispielhafter Anwendungsfall wäre ein Spitzenlastmanagement an einem Firmenparkplatz, bei dem die Elektrofahrzeuge die Lastspitze, welche durch den Betrieb verursacht wird, reduzieren und deren Batterien zu einem späteren Zeitpunkt mit niedriger Last geladen werden. Ebenso könnte durch bidirektionale Fahrzeuge selbst erzeugter PV-Strom zwischengespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt im Gebäude verbraucht werden. Intelligente Lademanagementsysteme könnten in Zukunft um diese Aspekte erweitert werden und somit eine Vielzahl von neuen Geschäftsmodellen und Anwendungsfällen ermöglichen.
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Autor
Dipl.-Ökonom Eckart Wruck
Leiter Kommunikation und Marketing, Lechwerke AG
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