Sichtprüfung bei der Produktion von Zellkontaktiersystemen für Lithium-Ionen-Batterien. (Quelle: ElringKlinger AG)

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Sie sind in den Gremien des Strategiedialogs Automobilwirtschaft vertreten. Dieses Thema wird hier sicher intensiv diskutiert.

In den Gremien sitzen neben den OEMs und Zulieferern auch die Stromerzeuger und Netzbetreiber mit am Tisch, die sich genau hierzu ihre Gedanken machen. Denn es macht ja offen gestanden wenig Sinn, elektrisch zu fah­ren und die Batterie dann mit Kohlestrom zu laden. An dieser Stelle muss noch sehr viel passieren. Wir planen zwar den Ausstieg aus der Kern- und Kohleenergie, das Vorantreiben von regenerativen Energien steht aus mei­ner Sicht aber noch auf wackeligen Füßen.

Das bereitet denjenigen, die sich damit beschäftigen, große Sorgen. Der Zusammenhang ist relativ einfach: Grüne Energien sind bekanntermaßen sehr volatil. Auf Zeiten mit gigantischer Überproduktion folgen Zeiten, in denen das Angebot nicht ausreicht. Das Vorhaben bis 2050 von 35 Prozent regenerativer Energien, die wir letz­tes Jahr ungefähr erreicht haben, auf 90 Prozent zu kom­men, stellt eine enorme Herausforderung dar. Meiner Ansicht nach gibt es noch keine verwertbaren Ansätze, wie man mit dieser Volatilität am Ende umgeht. Hinzu kommen Vorgaben für den Verkehr, der bis 2050 kom­plett – sowohl Pkw als auch Lkw – CO2-frei werden soll.

Die Netzbetreiber vertreten die Ansicht, dass, wenn wir aus dem Überschuss-Strom heute über Elektrolyse Wasser­stoff produzieren könnten – selbst wenn auch das ein volatiler Vor­gang ist – der Ver­kehrssektor damit zu einem Großteil abgedeckt wäre. Durch die Nutzung des überschüssigen Stroms für die Wasserstoff-Produktion könnte auch die Wirtschaftlichkeit regenerativer Energien erhöht werden. Es besteht daher von Seiten der Energieerzeuger und Netzbetreiber eine hohe Motivation, die Entwicklung von Wasserstoff bzw. der Brennstoffzelle voranzutreiben.

Demzufolge müsste ein flächendeckendes Netz von Wasserstoff-Tankstellen aufgebaut werden.

Dr. Christopher Hebling vom Fraunhofer Institut ISE in Freiburg hat einen Bedarf von 6.000 Wasserstoff-­Tankstellen berechnet, um eine flächendeckende ­Wasserstoff-Versorgung sicherzustellen.

Es gibt ungefähr 14.000 Tankstellen in Deutschland. Wenn man davon geeignete auswählen und zusätzlich mit Wasserstoff ausstatten würde, könnten die notwen­digen 6.000 Tankstellen erreicht werden. Dafür müsste zwar ein hoher Betrag aufgebracht werden, keine Frage, wir sind aber der Überzeugung, dass dies ein beherrsch­bares Thema und eine lohnende Investition wären.

Da fragen sich die Netzbetreiber und Strom­versorger voraussichtlich, ob der nun ange­strebte Ausbau der Ladenetze mittelfristig richtig ausgelegt sein wird.

Die Netzbetreiber geraten aktuell natürlich in eine ge­wisse Unsicherheit, weil die Politik einerseits einen deut­lichen Ausbau der Ladenetze und eine Ausrichtung auf Elektromobilität fordert. Anderseits aber auch nicht garantiert werden kann, dass nicht möglicherweise in zehn Jahren die Kombination mit der Wasserstoff-­Brennstoffzelle wieder völlig andere Anforderungen an ein Ladenetz stellt. Nachdem dies langfristige Investi­tionen sind, die über ca. 50 Jahre abgeschrieben ­werden, müssen sich die Politik und die Öffentlichkeit darüber klar werden, wohin die Reise gehen soll. 

Ich bin der Meinung, Wasserstoff wird einen wesent­lichen Anteil haben. Auch wenn man voraussichtlich nicht allein mit Wasserstoff fahren wird, sollte man doch die Wasserstoff-Anteile, die über die Brennstoffzelle im Verkehr abgebildet werden, auch heute schon in die Planungen miteinbeziehen.

Wir stehen in Europa bei der Batterieproduktion hin­tenan. Am Anfang konnten wir noch von Kompetenzen in der Batterieproduktion profitieren und auch noch lange Zeit Produktionsanlagen zur Herstellung der Zellen nach Asien liefern. Doch jetzt sind wir schon ein Stück weit ins Hintertreffen geraten, was eigene Technologien für den Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa angeht.

Im Bereich der Brennstoffzellentechnologie sind wir heute führend. Wirtschaftspolitisch dürfen wir uns ­meiner Meinung nach daher nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.

Die Brennstoffzelle bringt auch nicht die Nachteile mit wie die Batterie, was die Rohstoffseite betrifft. Bei der Zellfertigung entscheidet sehr stark der Preis über den sicheren Zugang zu Rohstoffen. Das ist bei der Brenn­stoffzelle nicht der Fall: Ähnlich einem Katalysator sind Metalle wie Platin enthalten, die allerdings kein derartiges Versorgungsrisiko wie beispielsweise Kobalt bei der Lithium-Ionen-Zelle darstellen. Insofern müsste es auch industriepolitisches Ziel sein, dass wir als Europäer die Brennstoffzelle und diese Tech­nologie vorantreiben.

Wie rüsten Sie sich als Automobilzulieferer für die Entwicklungen der Zukunft?

Was die Wertschöpfungskette bei Brennstoffzellen an­geht, sind wir sehr gut aufgestellt. Wir können wie ge­sagt auf eine lange Erfahrung mit Bipolarplatten zu­rückgreifen, haben gewisse Alleinstellungsmerkmale und zudem Patente angemeldet, die uns bestimmte Segmente absichern. Wir verfügen über die Dichtungs­technologie, die metallische Bipolarplatten-Technologie, die Laser-Schweiß-Technologie bis hin zu den Kunststoff-­Endmodulen. Auch prozesstechnisch sind wir für die ­Zukunft gut gerüstet. Damit haben wir eine gute Aus­gangslage, wenn die Brennstoffzelle in den Markt eintritt.

Man wird oft gefragt: Wie schnell wird sich die Elektro­mobilität durchsetzen und in welchen Märkten? Da gibt es unzählige Prognosen. Das ist selbst für Experten der Branche wie ein Blick in die Glaskugel. Wir haben uns daher das Ziel gesetzt, im Bereich neue Geschäfts­felder unabhängig da­von, wie die Zu­kunft tatsächlich aussehen wird, die richtigen Techno­logien anbieten zu können. Unser Ziel als Zulieferer muss es sein, die richtige Aufstellung zu haben, um an jeder Entwicklung partizipieren zu können.

Als Automobilzulieferer sind wir dadurch, dass wir sowohl im Batteriesektor als auch bei der Brennstoff­zelle einen hohen Reifegrad erreicht haben, bereit für die Entwicklungen der Zukunft.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Diez.

  • Armin Diez Elring Klinger B

    Interviewpartner

    Dipl.-Ing. (FH) Armin Diez

    Leiter der Geschäftsbereiche Neue Ge­schäftsfelder und Batterietechnologie/ Elektromobilität sowie Aufsichtsrate bei ElringKlinger AG

     

  • Brennstoffzelle Batterie ElringKlinger Cover

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