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2.4 Wirkungsgrade und Temperaturberechnungen

Verluste im Wechselrichter entstehen an Dioden und IGBTs. Zu deren Berechnung wird hier auf Simulationswerkzeuge der Hersteller zurückgegriffen. Aus dem Kühlmitteldurchfluss und der Kühlmitteleingangstemperatur gemäß Auslegung wird die Kühlkörpertemperatur berechnet, aus dieser und der Verlustleistung ergibt sich die Temperatur der Chips. Diese ist begrenzend für die Stromstärke, die der Wechselrichter liefern kann.

Auch für die Elektromaschine sind die aus den Verlusten resultierenden Temperaturen limitierend für Drehmoment und Leistung. Grundsätzlich sind Elektromaschinen für die Betriebsanforderungen in Fahrzeugen sehr gut geeignet, da sie über ihre Dauerleistungsgrenze hinaus kurzzeitig stark überlastet werden dürfen. Kritisch hinsichtlich Überhitzung sind die Lackisolierungen der Kupferleiter in den Spulen, insbesondere in den sogenannten Wickelköpfen (siehe Bild 2), also den über das Blechpaket hinausreichenden Schleifen des Wicklungsdrahtes, die bei typischen PM-Maschinen am schlechtesten gekühlt werden. Eine weitere Begrenzung liegt durch die Eigenschaften der Permanentmagnete im Rotor vor.

Es gilt also, durch Begrenzung der Höhe und Dauer der Strombelastung dafür zu sorgen, dass zu keiner Zeit an keinem Ort der Maschine die Temperaturgrenze überschritten wird. Dabei soll es jedoch nicht zu einer harten Abschaltung des Stromes kommen, sondern die Leistung soll in einer für den Fahrer erkennbaren Weise zurückgeregelt werden, sodass er sich in seiner Fahrweise darauf einstellen kann. Eine ständige Messung der Temperaturen führt zu hohem Bauaufwand und ist in der Projektierungsphase überhaupt noch nicht möglich. Deshalb kommt der Simulation hier eine hohe Bedeutung zu. Die umgesetzte Leistung ist bei Fahrzeugantrieben zeitlich sehr stark veränderlich. Die Simulationsaufgabe erfordert somit die Berechnung des instationären, das heißt zeitabhängigen, Temperaturverhaltens.

Weil sie in der Projektierung eingesetzt werden soll, muss die hier beschriebene Methode ohne CAD-Daten der Elektromaschine auskommen. Im Bereich der Thermodynamik arbeitet sie deshalb mit analytischen Gleichungen, die aus Grundgleichungen der Wärmeleitung abgeleitet wurden. Somit sind geeignete Vereinfachungen erforderlich, um die Komplexität zu reduzieren und dennoch die wesentlichen Effekte zu berücksichtigen.

  • Rotor und Rotorwelle werden als ein Körper mit homogener Temperaturverteilung betrachtet.
  • An einem Durchmesser des Stators nahe am Luftspalt wird der dem Stator zuzuordnende Wärmeeintrag an einer gedachten Zylinder-Mantelfläche angenommen. Temperaturunterschiede zwischen den Kupferdrähten der Spulen und den dazwischen liegenden Zähnen aus Elektro­blech, den Spulenkernen, werden vernachlässigt. Für beides zusammen werden gemittelte Werte für Temperatur, Wärmeleitung und Wärmekapazität angenommen. Diese Annahmen werden durch ein exemplarisch untersuchtes FEM-Temperaturmodell eines Einzelzahnes der Spule gestützt.
  • Wärmestrahlung sowie Konvektion an der Außenfläche des Gehäuses sind gegenüber dem Wärmetransport über das Kühlmedium vernachlässigbar.

 Aradex Wickelkopf EMaschine

Bild 2: Wickelkopf einer permanenterregten Elektromaschine für Nutzfahrzeuge mit 300/600 kW Dauer-/ Spitzenleistung © Prof. Dr. Ulrich Schrade

2.4.1 Stationäres Temperaturverhalten

Als Basis zur Absicherung der instationären Berechnung erfolgt die Aufstellung der Gleichungen für die Berechnung des stationären Temperaturverhaltens, das heißt der Beharrungstemperaturen, weil diese auf relativ einfache Weise mit Versuchsergebnissen überprüfbar sind. Grundlage der Untersuchungen ist eine PM-Maschine mit 300 / 600 kW Dauer-/ Spitzenleistung bei Drehzahlen bis 3.500 min-1. Rotorverluste sind bei der betrachteten Bauart von Elektromaschinen gering und werden hier nicht berücksichtigt.

Die Statorverluste werden über den elektromagnetisch aktiven Teil des Motors, dem Blechpaket, zum Kühlmantel abgeleitet. Um mit einem ebenen Modell rechnen zu können, wird zunächst eine axial homogene Temperaturverteilung angenommen. Die Ungleichverteilung aufgrund der endseitigen Wärmeeinleitung aus den Wickelköpfen wird in einem späteren Rechenschritt überlagert. Der Motor ähnelt im Bereich seiner aktiven Länge einem im Querschnitt rotationssymmetrischen, mehrschichtigen Rohr (siehe Bild 3).

Bild 3: Schichtmodell - vereinfachter Querschnitt durch eine zylndrisch aufgebaute PM-Maschine. 1. Welle, Werkstoff Stahl 2. Blechpaket Rotor, Werkstoff Elektroblech (Magnetmaterial vernachlässigt) 3. Luftspalt 4. Spulenbereich mit Zähnen 5. Wicklungsfreier Bereich des Stators, Werkstoff Elektroblech 6. Massiver Bereich des Kühlmantels, Werkstoff Aluminium 7. Bereich mit Kühlkanälen, Werkstoffeigenschaften gemittelt aus Aluminium und Kühlmedium 8. Aufgeschweißte Kühlkanalabdeckung, Werkstoff Aluminium

Bild 3: Schichtmodell - vereinfachter Querschnitt durch eine zylndrisch aufgebaute PM-Maschine. 1. Welle, Werkstoff Stahl 2. Blechpaket Rotor, Werkstoff Elektroblech (Magnetmaterial vernachlässigt) 3. Luftspalt 4. Spulenbereich mit Zähnen 5. Wicklungsfreier Bereich des Stators, Werkstoff Elektroblech 6. Massiver Bereich des Kühlmantels, Werkstoff Aluminium 7. Bereich mit Kühlkanälen, Werkstoffeigenschaften gemittelt aus Aluminium und Kühlmedium 8. Aufgeschweißte Kühlkanalabdeckung, Werkstoff Aluminium © Modell: Prof. Dr. Ulrich Schrader

 

Die in den Kupferdrähten der Wicklung auftretenden Verluste werden gemäß der anteiligen Drahtlängen bzw. Kupfermassen auf die Wickelköpfe und den Wicklungsanteil in den Nuten des Blechpakets aufgeteilt. Pro Wickelkopf ergibt sich eine bestimmte Verlustleistung, die auf die abgewickelte Drahtlänge des Wickelkopfes (hier 160 mm, siehe Bild 4) gleichmäßig verteilt ist und – so ist die Annahme – ausschließlich durch Wärmeleitung im Kupferdraht symmetrisch zu beiden Seiten in die Nuten abgeleitet wird. Für die Herleitung der Gleichung genügt deshalb die Betrachtung der halben Drahtschleife mit der positiven Längenkoordinate von l = 0 bis lanb = 80 mm und der anteiligen Verlustleistung PV. Der durchzuleitende Wärmestrom  nimmt demnach von der Mitte der Drahtschleife aus nach beiden Seiten mit dem Betrag der Längenkoordinate l  linear zu:

Formel test

Umformung und Integration der Gleichung liefert den Temperaturverlauf im Wickelkopf. Dieser entspricht, ausgehend von Temperatur Tanb an den Anbindungsstellen am Übergang zur Nut, einer quadratischen Parabel, deren Scheitel bei l = 0 das Temperaturmaximum in der Mitte eines Drahtes im Wickelkopf darstellt (siehe Bild 4).

Innerhalb des Nutbereichs führt die endseitige Einleitung der Wärme aus den Wickelköpfen zu einer Temperaturerhöhung gegenüber der im Schichtmodell schon berechneten Temperatur aus der insgesamt anfallenden Verlustleistung. Für den Verlauf dieser Temperaturerhöhung über der Längskoordinate x der Maschine kann bei Wärmeeinleitung aus einem Wickelkopf ein analytischer Ansatz gewählt werden, der dem einer Kühlrippe gleicht: Wärme wird über einen bestimmten Querschnitt mit einer definierten Wärmeleitfähigkeit in Längsrichtung transportiert und gleichzeitig seitlich über die Oberfläche mit einem bestimmten Wärmeübergangskoeffizienten abgeleitet. Durch die seitliche Wärmeableitung nehmen der in Längsrichtung verbleibende Wärmestrom und damit auch das die seitliche Wärmeableitung treibende Temperaturgefälle zwischen Kupferdraht und Kühlmedium ab. Durch Umformung und Integration des Ansatzes erhält man eine Differentialgleichung, die folgende Lösung für den Temperaturverlauf entlang des Drahtes in der Nut hat.

Formel 2

Darin ist ΔT = T – TU und

Formel 3

mit:  

TU: Umgebungstemperatur [°C]

h:  Wärmeübergangskoeffizient Draht zu Kühlmedium [W/(m2·K)]

L:  halbe Nutlänge

U: Umfang des Drahtes [m]

λ:  Wärmeleitfähigkeit des Draht-Werkstoffes (Kupfer) [W/(K·m)]

A: Querschnittsfläche des Drahtes [m2]

Bild 4: Temperaturverlauf in einem Draht des Wickelkopfs von Nut zu Nut. 4

Bild 4: Temperaturverlauf in einem Draht des Wickelkopfs von Nut zu Nut. © Prof. Dr. Ulrich Schrader

ΔT1  ist der Temperaturunterschied zwischen Draht und Kühlmedium am Anfang der Nut, wo der Wickelkopf angebunden ist (x = 0). Der Wärmestrom an dieser Stelle beträgt:

Formel 4

Da dieser Wärmestrom aus dem Wickelkopf bereits berechnet wurde, kann durch Umstellen der Gleichung der Temperaturunterschied zwischen Draht und Kühlmedium am Eintritt in das Blechpaket berechnet werden:

Formel 5

Das Ende einer Kühlrippe ist dadurch gekennzeichnet, dass dort Wärmeleitung in Längsrichtung nicht mehr möglich ist. In unserem Fall des Kupferleiters in der Nut muss dies bei symmetrischem Aufbau der Maschine in der Mitte des Blechpakets, also bei der halben aktiven Länge der Fall sein, weil dort von der Gegenseite her ein gleich großer Wärmestrom auftreten müsste, sodass die Summe null ist. Wir bezeichnen diesen Ort mit x = L und erhalten:

Formel 6

Bild 5 zeigt für die Längenkoordinaten x = 0 bis x = L = 180 mm (Mitte der aktiven Länge) den Graphen dazu für die aus einer Wickelkopfhälfte eingeleitete Wärme (blaue Linie mit Rauten). Aus Symmetriegründen ist für die andere Hälfte der aktiven Länge ein spiegelbildlicher Verlauf zu erwarten.

Bild 5: Temperaturanteil aus der Einleitung der Verlustwärme von den Wickelköpfen, aufgetragen für den Nutbereich (aktive Länge).

Bild 5: Temperaturanteil aus der Einleitung der Verlustwärme von den Wickelköpfen, aufgetragen für den Nutbereich (aktive Länge). © Prof. Dr. Ulrich Schrade

Um im Schichtmodell korrekte Temperaturwerte zu erhalten, musste der Wärmestrom aus den Wickelköpfen dort bereits mitberücksichtigt werden. Es geht jetzt darum, die Temperaturerhöhung zu ermitteln, die sich durch die seitliche Einleitung dieser Wärme aus den Wickelköpfen an deren Anbindungsstelle ergibt. Diese liest man als Differenz der Temperatur am Nutanfang (blaue Linie mit Rauten, Länge x = 0) zum arithmetischen Mittelwert (rote Linie mit Quadraten) ab: 4,3 K. Aufgrund der bei Wärmeleitung geltenden Linearität des Wärmestroms zur Temperaturdifferenz ist der abgeleitete Wärmestrom proportional zur Fläche unter den Linien und somit für beide Linien gleich. Der arithmetische Mittelwert entspricht somit der Temperatur aus dem Schichtmodell für den wärmsten Kupferleiter in der Nut, im Beispiel 42 °C. Am Nutende ist eine Temperatur Tanb = 46,3 °C zu erwarten.

Um die maximale Temperatur im Wickelkopf zu erhalten, muss nun noch die zuvor berechnete Temperaturspanne von 3,3 K innerhalb des Wickelkopfs addiert werden und man erhält Tmax = 49,6 °C (siehe Bild 6, blaues Dreieck bei Radius r = 180 mm). Zum äußeren Radius r = 211 mm der Spule hin wird eine Abnahme der Wickelkopftemperatur entsprechend der Temperatur in der Nut erwartet.

Bild 6: Radialer Temperaturverlauf vom tatsächlichen Wicklungsbeginn am Luftspalt (r = 180 mm) bis zum Kühlmantel außen (r = 273 mm)

Bild 6: Radialer Temperaturverlauf vom tatsächlichen Wicklungsbeginn am Luftspalt (r = 180 mm) bis zum Kühlmantel außen (r = 273 mm) © Prof. Dr. Ulrich Schrade

2.4.2 Instationäres Temperaturverhalten

Die Berechnung des stationären Temperaturverhaltens ist nur als Vorstufe zur Lösung der eigentlichen Aufgabe zu sehen. Diese lautet: Berechnung des zeitabhängigen, also instationären Temperaturverhaltens als Funktion der in der Elektromaschine auftretenden Verlustleistungen. Die instationäre Berechnung erfordert neben den Größen für Wärmeübergänge durch Leitung, Konvektion und Strahlung (soweit diese nicht vernachlässigbar ist) auch die Berücksichtigung von Wärmekapazitäten.

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