Der „ökologische Rucksack“ von Elektroautos ist um etwa 50 % größer
75 – 85 % der Emissionen eines Autos mit Verbrennungsmotor entstehen im Betrieb. Bei Elektroautos sind es heute ca. 60 %, bis 2030 wird sich dies voraussichtlich auf 40 % reduzieren. Das bedeutet: Ist das Elektroauto erst einmal hergestellt, entlastet jeder gefahrene elektrische Kilometer das Klima im Vergleich zur Alternative. Oder umgekehrt formuliert: Jeder Kilometer, bei dem Treibstoff verbrannt wird, belastet die Umwelt.
Dies zeigt schon das Dilemma, dass in der Nutzungsphase das Fahrzeug nach Emissionen pro Kilometer bewertet wird. Neben der Energieeffizienz des Antriebs spielen noch eine Reihe anderer Faktoren hinein, die positiv beeinflusst werden können. Der Auslastungsgrad zum Beispiel: Autos werden deutlich effektiver genutzt, wenn sie voll besetzt sind statt nur mit dem Fahrer. Wenn zudem die Betriebszeit gegenüber Standzeiten erhöht würde, könnte dies auch zur Lösung von Raumproblemen in Innenstädten beitragen. Heute steht ein Pkw 95 % der Zeit, statt zu fahren. Die zunehmende Nutzung von Carsharing-Angeboten und cleveren Shuttle-Diensten kann da einen wertvollen Beitrag leisten.
Zieht man jetzt zur Gesamtbilanz die Herstellung der Fahrzeuge hinzu, so wird diese nach Emissionen bezogen auf das Kilogramm Auto bewertet (siehe Bild 4). Insbesondere für die Batterien, die einen großen Anteil am Elektrofahrzeuggewicht haben, wird ein hoher Energieaufwand in der Herstellung aufgebracht. Insofern schlägt auch hier wieder der Energiemix zu Buche, mit dem produziert wird.
Bild 4: Elemente von Ökobilanzen. (Quelle: Claudia Brasse Consulting)
Das ifeu Institut hat für die Herstellung, Wartung und Entsorgung eines Elektrofahrzeugs der Kompaktklasse 10,7 Tonnen CO2- Emissionen errechnet. Für ein vergleichbares Fahrzeug mit Verbrennungsmotor werden 7,2 Tonnen emittiert.[5] Der „ökologische Rucksack“, den das Elektroauto mitbringt, ist im Vergleich also ca. 50 % größer. Dafür sind die Emissionen im Betrieb gegenüber dem Verbrenner ca. halbiert.[6] Für zunehmend nachgefragte höhere Reichweiten werden größere Batterien benötigt. Im Einzelfall wäre dies für den Einsatz in der Stadt und im Nahverkehr jedoch gar nicht notwendig, wenn die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht: >80 % aller täglichen Fahrten sind kürzer als 50 km.
Elektroauto amortisiert sich ökologisch schon nach zwei Jahren
In einfacher Näherung zeigt ein Szenario über zehn Jahre fast 30 % reduzierte Emissionen durch das Elektroauto verglichen mit einem Dieselfahrzeug (siehe Bild 5). Dabei wird eine jährliche Fahrleistung von 17.000 km im Jahr angenommen, was dem aktuellen bundesdeutschen Durchschnitt entspricht. Der höhere energetische Aufwand für Herstellung, Wartung und Entsorgung eines Elektroautos amortisiert sich in diesem Szenario bereits nach zwei Jahren. Für ein größeres Elektroauto mit entsprechend höherem Stromverbrauch dauert es drei Jahre länger (siehe Bild 6).
Mit der Energiewende und dem technischen Fortschritt werden Elektroautos die klimafreundlichste Wahl
Die in der Herstellung von Elektroautos anfallenden Emissionen sind zu einem Großteil der Batteriefertigung zuzuschreiben. In der Entwicklung wird an allen Stellschrauben gedreht, um diese deutlich zu reduzieren. Das gilt sowohl für die Auswahl und den Einsatz von Rohstoffen, für Leistungssteigerungen pro Masse und Volumen als auch für den Energieaufwand in der Herstellung. Die in den USA entstehende Tesla Batteriefabrik, die „Gigafactory“, ist für 100 % Autarkie ausgelegt und soll ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dies wird sicher zum Maßstab für weitere Fabriken, auch in Europa und Asien werden.
Nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen ist ein größtmöglicher Verzicht auf fossile Rohstoffe in der Energieerzeugung für die Produktion anzustreben. Es ist also davon auszugehen, dass sich mit dem technischen Fortschritt der „ökologische Rucksack“ eines Elektrofahrzeugs dem eines herkömmlichen Autos angleicht, wenn er nicht sogar künftig kleiner wird. Mit einer Reduktion der Emissionen für Produktion, Transport und Entsorgung von ~33 % gegenüber heutigen Werten zieht das Elektroauto in der ‚well-to-tank‘-Gleichung mit dem Verbrenner gleich. Wenn sich in der Zukunft die Zweitverwendung von ausgemusterten Autobatterien etabliert, verlängert sich der Lebenszyklus bis zur Entsorgung und damit die ‚cradle-to-grave‘-Gesamtbilanz.
Literatur
- Daten vom Kraftfahrtbundesamt zum 01.01.2017, www.kba.de.
- Daten vom Kraftfahrtbundesamt, www.kba.de.
- Daten nach BMVI „Verkehr in Zahlen 2016/17“.
- Bruttostromerzeugung, nach Strom Report, https://1-stromvergleich.com/strom-report/.
- Klimabilanz für das Handelsblatt vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu), Handelsblatt vom 01.09.2017.
- Berechnung mit 474 g/kWh als Durchschnittswert für die kommenden zehn Jahre im deutschen Strommix, ermittelt durch Extrapolation, Datenbasis Statista April 2017/Umweltbundesamt.
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Autorin
Dr. Claudia Brasse
Claudia Brasse Consulting, Strategie- und Geschäftsentwicklung rund um neue Technologien und Innovation im Kontext Zukunftsmobilität, Sektorenkopplung und Energiewende
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