Die Debatte darüber, wie umweltfreundlich E-Fahrzeuge wirklich sind, brandet immer wieder auf. Eines steht fest: Die nachfolgende Analyse zeigt, dass schon heute jeder elektrisch gefahrene Kilometer einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal 02/2018 erschienen.
Kaum erscheinen Elektroautos in greifbarer Nähe als Lösung für unsere vielseitigen Herausforderungen wie grenzwertüberschreitende Diesel-Fahrzeuge, krankmachende Luftqualität in Städten und Verkehrslärm sowie drohende Fahrverbote, schon wird ihr Nutzen für Klima und Umwelt in Frage gestellt. „Elektroautos sind nicht grün, solange wir dreckigen Kohlestrom produzieren“ und „Elektroautobatterien bringen einen ökologischen Rucksack aus der Herstellung mit, der sich nie amortisiert“ sind zwei der provokantesten und relevantesten Thesen in diesem Zusammenhang. Die nachfolgende Analyse zeigt, dass schon heute jeder elektrisch gefahrene Kilometer einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Die Mobilität nimmt noch zu – die Emissionen auch
Die EU legt Grenzwerte für Emissionen für die Typgenehmigung von Fahrzeugen fest und prüft diese anhand von standardisierten Fahrzyklen. Dass diese so gemessenen Emissionen in der Realität häufig abweichen, kann hier nicht weiter diskutiert werden. Nur so viel: Ab September 2018 löst ein neuer Zyklus (WLTC – Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) den bisher verwendeten NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) ab. Bisher galt für die Typgenehmigung für neue Fahrzeuge: Euro 4 ab Januar 2006, Euro 5 ab Januar 2011, Euro 6 ab September 2015. Daraus resultiert der heutige Fahrzeugbestand mit zusammen noch 62 % Pkw der Abgasnorm Euro 4 und Euro 5. Seit Januar 2017 sind demnach erst 14 % der Fahrzeuge nach dem Euro 6 Standard auf den Straßen (siehe Bild 1). [1]
Bild 1: Fahrzeugbestand nach Emissionsklassen in Deutschland.(Quelle: Claudia Brasse Consulting)
Im Durchschnitt sind in Deutschland die durchschnittlichen CO2-Emissionswerte der Pkw-Neuzulassungen von 154,2 g/km in 2009 auf 127,4 g/km in 2016 gesunken.[2] Die Gesamtfahrleistung und der Kraftstoffverbrauch sind jedoch in den vergangenen Jahren beständig gestiegen (siehe Bild 2).[3] Das erklärt auch, weshalb in Deutschland insbesondere der Verkehrssektor hinter seinen Zielen für Beiträge zum Klimaschutz zurück bleibt. Es wird deutlich: Wir müssen etwas tun.
Bild 2: Entwicklung der Gesamtfahrleistung und des Kraftstoffverbrauchs in Deutschland. (Quelle: Claudia Brasse Consulting)
Elektroautos erzeugen keine lokalen Emissionen im Betrieb
Welchen Beitrag können nun also Elektroautos im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren leisten? Da sind zum einen die lokalen Emissionen zu berücksichtigen, die im Fahrbetrieb entstehen.
Bei einer ‚tank-to-wheel‘-Betrachtung (vom Tank zum Rad, das heißt Betrachtung der energetischen Wirkkette der Fahrzeugtechnik) wird offensichtlich: Das Elektroauto erzeugt keinerlei Emissionen beim Fahren. Die Batterie gibt ihre gespeicherte Energie an den Antrieb weiter. Bei diesem Stromverbrauch entstehen keine schädlichen Abgase und auch kein Lärm – die schlagkräftigsten Argumente für Luftreinheit und lebenswerte Innenstädte. Einem energetischen Wirkungsgrad von >90 % beim Elektrofahrzeug stehen Benzin- und Dieselantriebe mit einer Energieeffizienz von ca. 35 % gegenüber.
Vielfach wird argumentiert, dass der Strom, mit dem Elektroautos geladen werden, jedoch „dreckig“ sei. Bezieht man die Bereitstellung der Antriebsenergie in die Bilanz mit ein, so spricht man von einer ‚well-to-tank‘-Betrachtung. Da jedoch die Emissionen, die bei Herstellung und Transport von Benzin- und Dieselkraftstoffen nur schwer ermittelt werden können, beschränkt sich die Automobilindustrie bei Bewertung und Vergleich von Fahrzeugen in der Regel auf die lokalen Emissionen, die durch die Verbrennung der Kraftstoffe im Betrieb entstehen.
Eigentlich müsste eine umfassende ‚well-to-wheel‘-Analyse erfolgen, die zudem Wartung und Unterhalt der Fahrzeuge berücksichtigt, um ganzheitlich die Umwelteinflüsse und den Ressourcenverbrauch beim Betrieb von verschiedenen Antriebssystemen miteinander zu vergleichen. Eine ganze Reihe von Studien hat sich in den letzten Jahren sowohl mit ‚well-to-wheel‘ als auch mit Lebenszyklusanalysen (‚cradle-to-grave‘) einschließlich Rohstoffgewinnung, Herstellung und Recycling bzw. Entsorgung der Fahrzeuge beschäftigt. Allerdings gibt es zum Teil noch wenig belastbares Datenmaterial: Batteriedesigns und -prozesse unterliegen strengster Geheimhaltung und verschiedenste neue Antriebskomponenten stehen zur Auswahl. Rohdaten sind oft schwer und unvollständig zugänglich, und manche legen zum Teil wenig fundierte Annahmen zugrunde.
Obwohl der Vergleich der Emissionen zwischen Diesel-Abgasen und Elektroauto-Stromversorgung hinkt, soll dennoch eine einfache Rechnung die grundsätzlichen Unterschiede und Trends aufzeigen. Für Elektroautos wird der Stromverbrauch in kWh/100 km als Effizienzwert für den elektrischen Antrieb herangezogen. Dieser ist genauso abhängig von spezifischen Eigenschaften des Autos, wie beispielsweise Gewicht und Aerodynamik. Bei Elektroantrieben wirkt sich die Fähigkeit zur Energierückgewinnung beim Bremsen jedoch zusätzlich positiv auf die Energieeffizienz aus. Der Netto-Stromverbrauch wird dann mit den Emissionen aus der Erzeugung des Stroms bewertet, der in die Batterie geladen wird.
In Deutschland beträgt die CO2-Emission von Strom 527 g/kWh im deutschen Strommix in 2016. Das Erzeugungsportfolio besteht aus 30 % Grünstrom (Solar, Wind, Wasser, Biomasse), 13 % Atomstrom und 40 % Kohlestrom (Braunkohle, Steinkohle) sowie 12 % Erdgas plus Sonstige [4], Tendenz steigend: Für 2017 beträgt der Anteil erneuerbarer Energie an der Bruttostromerzeugung bereits mehr als 33 %. Für ein Elektrofahrzeug in der Kompaktklasse mit einem Verbrauch von 12,5 kWh auf 100 km ergibt sich somit ein Wert von 65,9 g CO2/km, also etwa die Hälfte des Durschnitts der Gesamtflotte in Deutschland (siehe Bild 3).
Mit der fortschreitenden Energiewende, der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien im Strommix zugunsten von fossilen Energieträgern nach dem Plan der Bundesregierung auf 50 % bis 2030 und 80 % bis 2050, sinken die Werte für Elektroautos nochmals deutlich, spätestens 2030 auf unter 50 g CO2/km. Schon heute ist somit jeder elektrisch gefahrene Kilometer ein Gewinn für die unmittelbare Umgebung und ein Beitrag zum Klimaschutz.
Bild 3: Fahrzeugemissionswerte im Vergleich. (Quelle: Claudia Brasse Consulting)