E-Power auf dem Acker

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Mit dem Einsatz elektrischer Antriebe in Landmaschinen ergeben sich neue Möglichkeiten für einen effizienten und zugleich umweltgerechten Pflanzenbau. Landwirtschaftsexperte Wolfgang Rudolph hat die Entwicklung der E-Mobilität in der Agrarindustrie unter die Lupe genommen.

Dieser Beitrag ist zuerst im eMobilJournal Ausgabe 05/18 erschienen.

Landwirtschaft als Vorreiter

Mit der Bevölkerung auf unserem Planeten wächst weltweit der Bedarf an Lebensmitteln. Die Landwirtschaft muss diese Versorgungsaufgabe in der Verantwortung für nachfolgende Generationen umwelt-, ressourcen- und klimaschonend bewältigen. Dabei setzt die Agrarbranche unter anderem auf Elektromobilität. Denn durch die Elektrifizierung der heute noch überwiegend von Dieselmotoren angetriebenen Traktoren und mobilen Arbeitsmaschinen wie Mähdrescher oder Rübenroder lassen sich in bedeutendem Umfang Kraftstoffverbrauch und Emissionen senken. Zudem zeigen jüngste Entwicklungen auf dem Gebiet des Smart Farming, dass durch den Einsatz elektrischer Antriebe in Anbaugeräten enorme Produktivitätssteigerungen im Pflanzenbau erzielbar sind.

So wird bei der Präzisionslandwirtschaft (Precision Farming) bereits heute Dünger und Saatgut zentimetergenau in angepasster Menge ausgebracht. Durch die exakte Dosierung nutzen die Landwirte das natürlicherweise unterschiedliche Ertragspotenzial der Böden auf den Feldabschnitten optimal aus und setzen nur so viel Dünger oder Pflanzenschutzmittel ein, wie die Pflanzen wirklich benötigen. Das spart Geld für Betriebsmittel und schont die Umwelt, weil sich beispielsweise die Gefahr der Auswaschung von überschüssigem Nitrat ins Grundwasser vermindert.

Elektromobilität gilt auch als eine Voraussetzung für Robotersysteme, die in naher Zukunft autonom auf dem Feld agieren sollen. Experten vermuten sogar, dass es fahrerlose landwirtschaftliche Arbeitsmaschinen eher geben wird als vollautomatische Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen. Die juristischen und sicherheitstechnischen Anforderungen sind auf einem privaten Feld mit einer definierten Anzahl von „Verkehrsteilnehmern“ einfach geringer.

Auf dem „Pfad der Erleuchtung“

Elektrische Antriebe galten noch in jüngerer Vergangenheit im Agrarbereich als zu teuer, unsicher und eigentlich überflüssig. Um die Produktivität zu steigern, setzte man fast ausschließlich auf mehr Arbeitsbreite der Geräte und höhere Geschwindigkeit. Bei selbstfahrenden Erntemaschinen war die Entwicklung durch die Vergrößerung des Schneidwerks und die damit notwendige Steigerung der Durchsatzleistung geprägt. Dies erforderte immer stärkere Motoren. Die Folge: In den vergangenen 50 Jahren wuchs die Leistung eines Traktors jährlich um 1,75 kW. Bei Mähdreschern waren es sogar 5 kW pro Jahr. Diese Entwicklung stößt zunehmend an Grenzen. Faktoren sind dabei nicht nur steigende Kraftstoffkosten und Forderungen des Gesetzgebers zur Minderung der Emissionen von Dieselmotoren. Auch der zur Verfügung stehende Bauraum wird immer knapper. Bereits heute sind Erntemaschinen und Traktor-Geräte-Kombinationen kaum noch mit den Vorgaben der StVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) in Einklang zu bringen. Hinzu kommt die schädigende Bodenverdichtung durch das hohe Maschinengewicht.

Erste Initiativen zur Elektrifizierung von Landmaschinen gab es daher schon vor über 60 Jahren. In den 1950er-Jahren präsentierte der zu jener Zeit noch selbständige Hersteller IHC (heute Case-IH) das Traktormodell Electrall. Es verfügte über einen Generator, der bis zu 10 kW elektrische Leistung für den Betrieb von Anbaugeräten erzeugen konnte.

Die Entwicklung auf diesem Gebiet verlief in den nachfolgenden Jahrzehnten bis zu heutigen vollelektrischen Traktoren nicht kontinuierlich, sondern ähnlich wie die Elektromobilität auf der Straße mit Phasen der Euphorie und technischen Durchbrüchen aber auch Rückschlägen und Ernüchterung.

Dass Entwicklung und Einsatz elektrischer Antriebe in der Landtechnik letztlich nicht abbrachen und gegenwärtig an Dynamik sogar gewinnen, dafür sorgt nicht nur der Wettbewerbsdruck zwischen den Herstellern, sondern auch die internationale Zusammenarbeit. So einigten sich die rund 100 Mitglieder der Branchenorganisation Agricultural Industry Electronics Foundation (AEF) auf einheitliche Standards für Schnittstellen, insbesondere eine Steckdose (siehe Bild 1) zur Übertragung elektrischer Leistung sowie der Steuerungsimpulse vom Traktor zum angekoppelten Gerät, und für die Sicherheitsanforderungen an Hochvolt-Bordnetze.

Bild 1: Standardisierte Traktor-Steckdose an einem Traktorheck mit drei Pins für die elektrische Energie in Form von 480 V Wechselstrom bzw. 700 V Gleichstrom und dem Pin für den High-Speed-Bus

Bild 1: Standardisierte Traktor-Steckdose an einem Traktorheck mit drei Pins für die elektrische Energie in Form von 480 V Wechselstrom bzw. 700 V Gleichstrom und dem Pin für den High-Speed-Bus © Carmen Rudolph

 

„Wir bewegen uns gegenwärtig auf dem Pfad der Erleuchtung", sagt Prof. Dr.-Ing. habil. Thomas Herlitzius, Inhaber des Lehrstuhls Agrarsystemtechnik an der Technischen Universität Dresden (TU Dresden). Der Wissenschaftler spielte damit auf das Phasenmodell des amerikanischen Beratungsunternehmens Gartner an, den sogenannten Hype-Zyklus. Demnach steigt bei der Markteinführung neuer Technologien das allgemeine Interesse zunächst steil an, um dann, wenn sich die damit verbundenen Erwartungen nicht gleich erfüllen, ebenso abrupt nachzulassen. Erst nach Überwindung von Rückschlägen und Relativierung der Ansprüche führen die Entwicklungen auch zu einem höheren Produktivitätslevel (siehe Bild 2).

 

 

Bild 2: Der Hype-Zyklus nach Gartner für die Einführung elektrischer Antriebe in der Landtechnik.

Bild 2: Der Hype-Zyklus nach Gartner für die Einführung elektrischer Antriebe in der Landtechnik. © Prof. Herlitzius, TU Dresden / Diagramm: Carmen Rudolph

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