Ladesäulen im Check: Tarifdschungel lässt grüßen

Der Ökostromanbieter Lichtblick hat die Ergebnisse seines zweiten Ladesäulen-Tests veröffentlicht – und kritisiert die zunehmende Monopolbildung und fehlende Tarif-Transparenz für Elektroauto-Fahrer.

In Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut statista nahm LichtBlick in den vergangenen Monaten elf Ladesäulen-Betreiber unter die Lupe. Die Recherche brachte demnach „verwirrende Tarifstrukturen, unterschiedliche Zugangsvorrausetzungen sowie eine Vielfalt von Abrechnungsmethoden“ zu Tage. Die Untersuchung bemängelt auch, dass Elektroauto-Fahrer in vielen Gegenden nur einen Anbieter zur Verfügung haben.

Ladestrom teurer als Haushaltsstrom

Viel Optimierungspotenzial gibt es demnach bei den Stromtarifen:Sieben der elf untersuchten Ladesäulen-Betreiber liegen teilweise deutlich über dem durchschnittlichen Kilowattstundenpreis von Haushaltsstrom, der derzeit bei 29,4 Cent liegt. Umgerechnet auf Kosten pro Kilowattstunde verlangt EnBW 54,5 Cent, die Stadtwerke München 46,7 Cent und Allego in Berlin 44,3 Cent. Der Tarif von Stromnetz Hamburg/Hamburg Energie (29,5 Cent) ist mit dem Haushaltsstrompreis vergleichbar, günstig ist das Laden bei Mainova mit 13,3 Cent.

Kostenlos bleibt es weiterhin bei den Stadtwerken Leipzig sowie RheinEnergie. Deutschlands größter E-Ladesäulen-Betreiber Innogy verlangt an kombinierten AC/DC-Ladestationen pauschal 7,95 Euro pro Ladevorgang, an reinen AC-Ladesäulen 39 Cent pro Kilowattstunde. EnBW rechnet zeitbasiert ab, hier kostet eine Stunde Laden für einen BMW i3 6,00 Euro. Stromnetz Hamburg/Hamburg Energie rechnet ausschließlich pro Kilowattstunde ab.

Hinzu kommen die unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen: An einem Ladepunkt muss sich der Nutzer per SMS anmelden, an einem anderen geht es nur per App, Ladekarte oder mit Vorabregistrierung auf der Internetseite.

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Regionale Monopole bestimmen Angebot und Preis

LichtBlick hat in den vergangenen Monaten nicht nur die Tarifstruktur der einzelnen Anbieter untersucht, sondern auch lokale Märkte analysiert. Das Ergebnis: Es bilden sich regionale Monopole. So betreibt zum Beispiel EWE rund 90 Prozent der insgesamt rund 500 öffentlichen Ladesäulen im eigenen Netzgebiet des Weser-Elbe-Gebiets. In München, wo die Stadtwerke München Grundversorger und Stromnetzbetreiber sind, gibt es 188 öffentliche Ladepunkte, die fast ausschließlich (88 Prozent) von den Stadtwerken selbst betrieben werden.

„Es etablieren sich regional abgegrenzte Ladenetzmonopole. Die örtlichen Stromnetzbetreiber und Grundversorger nutzen ihre Vormachtstellung im Strommarkt, um über das Ladenetz ein weiteres Monopol zu etablieren und den Wettbewerb im Strommarkt zu unterlaufen“, kritisiert Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft bei LichtBlick. Durch die fehlende Konkurrenz sei der Betreiber in der Lage, Preis, Tarif und Vorrausetzungen für eine Ladung deutlich oberhalb des Haushaltsstrompreises festzulegen.

Gutes Handling bieten eher die Roaming-Anbieter

Erstmals hat LichtBlick auch die Roaming-Anbieter mit ihren Tarifen hinzugezogen. Plugsurfing oder The New Motion bringen eine Erleichterung beim flächendeckenden Zugang (jeweils rund 10.000 Ladepunkte) für Besitzer von E-Autos – nur nicht beim Preis für Tankstrom. Denn bei den Abrechnungen sind die Unternehmen an die Kosten der jeweiligen Betreiber gebunden.

Auch hier zeigt sich für die Verbraucher ein Verwirrspiel: Bezieht ein Kunde mit einem BMW i3 den Strom direkt über EWE, kostet die Kilowattstunde umgerechnet 39,9 Cent, über Plugsurfing sind es 53,5 Cent. Der Kunde zahlt also fast 14 Cent mehr. Günstiger wird es für Berliner: An den Ladesäulen von Allego lädt das E-Auto für 44,3 Cent/kWh, mit Plugsurfing sind es 40,0 Cent.

"Der Kunde ist der Dumme"

„Die Ladeinfrastruktur ist ein chaotischer Flickenteppich. Regionale Monopolisten diktieren Preise und schaffen ein babylonisches Wirrwarr an Karten, Apps und Bezahlsystemen. Der Dumme ist am Ende der Kunde. Wir wollen und brauchen in Deutschland eine zügige Verkehrswende. Aber so kann sie nicht gelingen“, bilanziert LichtBlick. Was also ist die Lösung?

„Kunden sollten ihren Haushaltsstrom-Tarif an jeder Ladesäule tanken können. Dazu müssen die Ladesäulen den Netzen zugeschlagen werden“, schlägt Gero Lücking vor. „Der Wettbewerb ist nur direkt an der Ladesäule möglich, der Fahrer wählt seinen Fahrstrom-Lieferanten so frei wie er heute auch seinen Haushaltsstrom-Lieferanten wählt. So kann jeder E-Autobesitzer den Stromtarif seines Wunschversorgers mit einer Ladekarte an jeder öffentlichen Ladesäule tanken.“ (aho)

Hinweis: Berechnungsgrundlage waren jeweils die Kosten pro Kilowattstunde für eine Tankfüllung für 100 Kilometer mit einem BMW i3 (Verbrauch: 15 kWh/100km) an einem AC-3-Anschluss (11 kW) an öffentlichen Ladesäulen. Die Ladedauer beträgt 1:36 Stunden. Es wurden ausschließlich Tarife ohne Vertragsbindung berücksichtigt.