Bombardier präsentiert Batteriezug / Regelbetrieb ab 2019

Vor sieben Jahren begann der kanadische Bahnausrüster Bombardier mit der Entwicklung eines batteriebetriebenen Zuges: Jetzt hat das emissionsfreie Schienenfahrzeug vom Typ Talent 3 Premiere gefeiert.

Eine Lösung für die nicht-elektrifizierten Bahnstrecken

Das deutsche Eisenbahnnetz umfasst knapp 39.000 Kilometer, von denen genau 20.726 Kilometer mit Oberleitungen elektrifiziert sind (laut Erhebungen nach Verkehrsstatistikgesetz, Stand: Februar 2018). Die meisten Nebenstrecken werden von rund 2.900 Dieseltriebzügen befahren, die teilweise schon Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Das Problem: Eine komplette Elektrifizierung der deutschen Nebenstrecken würde etwa 11,5 Milliarden Euro kosten. Und: Der Anteil an elektrifizierten Bahnstrecken schwankt je nach Bundesland erheblich.

Mit einem batterieelektrischen Zug will Bombardier eine praktikable und vor allem finanzierbare Lösung für diese nicht-bzw. teilelektrifizierten Bahnstrecken liefern. Der am 12. September am Bombardier-Standort in Hennigsdorf (Brandenburg) vorgestellte Prototyp vom Typ Talent 3 ist auf dem Dach mit vier Lithium-Ionen-Traktionsbatterien ausgestattet. Auf einer Strecke, die mit Oberleitungen ausgestattet sind, wird das Fahrzeug wie ein herkömmlicher Elektrozug fortbewegt. Zusätzlich werden die Batterien über den Stromabnehmer aufgeladen, wenn der Zug eine Oberleitung passiert. Auf Abschnitten ohne externe Stromversorgung wird der Antrieb nur aus der Batterie gespeist.

"Die Reichweite des Zuges wächst mit der Batterieentwicklung"

Die aktuelle Version schafft eine Reichweite von rund 40 Kilometern. Allerdings soll die nächste Fahrzeuggeneration, deren Einführung im kommenden Jahr geplant ist, bereits 100 Kilometer zurücklegen können. „Die Reichweite wächst proportional zur kontinuierlichen Leistungssteigerung neuer Batterieentwicklungen“, so Bombardier. Fahrgäste können sich bald selbst ein Bild vom Batteriezug machen: Die Deutsche Bahn startet 2019 in der Region Alb-Bodensee mit dem aktuellen Prototypen in einen zwölfmonatigen Regelbetrieb.

Auch wenn die Reichweite noch weiterentwickelt werden muss, spricht bereits jetzt vieles für den Einsatz des Batteriezuges: Der Wirkungsgrad des elektrischen Antriebs beträgt 90 Prozent, die Batterien sind laut Bombardier recyclingfähig. Zudem senkt der Elektroantrieb die Lärmbelästigung im Vergleich zu modernen Dieselzügen um etwa die Hälfte. Laut einer Vergleichsstudie der TU Dresden hat der Batterietriebzug auch bei der Gesamtkostenbetrachtung über die komplette Laufzeit von 30 Jahren deutlich die Nase vorn.

Eisenbahn Elektrifizierung Allianz pro SChiene

Der Elektrifizierungsgrad der Schienennetzes schwankt je nach Bundesland teilweise erheblich © Allianz pro Schiene

Unterstützung kommt aus der Politik

8 Millionen Euro die Entwicklung des Zuges gekostet, die Hälfte davon trägt der Bund im Rahmen des Innovationsprogramms „Förderrichtlinie Elektromobilität.“ Auch das Verkehrsministerium Brandenburg unter der Leitung von Kathrin Schneider hat finanzielle Unterstützung für das Projekt in Aussicht gestellt – auch wenn derzeit noch offen ist, ob und wann der Batteriezug auf Brandenburgs Schienen unterwegs sein wird. „Wir sind bereit, diese Technologien weiter zu unterstützen, mit zu  investieren und in einer Einführungsphase die höheren Kosten mitzutragen“, sagte die SPD-Politikerin Schneider bei der Einweihung des Zuges.

Auch auf Bundesebene will man die Batterietechnologie auf Schienen weiter forcieren. „Wir wollen den Bahnverkehr weiter elektrifizieren. Ein Zug, der seine Batterien im Fahren an der Oberleitung aufladen kann, ist hierfür ein Riesenschritt und Innovation pur“, erklärte Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.  „Auf nicht- oder nur teilelektrifizierten Strecken heißt es dann: weg vom Diesel auf der Schiene – hin zu sauberer und umweltfreundlicher Mobilität.“

"Die Bahnbranche ist im Machermodus"

- Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene

Batterie, Wasserstoff, Hybride

Die Bahnbranche weiß, dass sie innovative Antriebe entwickeln und fördern muss, wenn sie die politischen Vorgaben in Sachen Klimaschutz erreichen will. Umweltfreundliche Antriebe wie die Wasserstoff-Technologie werden daher bereits in der Praxis getestet: Im Frühjahr 2018 fuhr auf der Strecke zwischen Frankfurt und Wiesbaden ein Wasserstoff-Zug von Alstom. Ab 2022 soll die Technologie dort im Regelbetrieb angewendet werden. Die Wasserstoff-Züge punkten mit einer hohen Reichweite, benötigen aber ihre eigene Tankinfrastruktur. Hybrid-Lokomotiven mit Dieselmotor und Batterie sollen Treibstoff und Schadstoffaustoß reduzieren. Last-Mile-Lokomotiven fahren auf Abschnitten ohne Stromversorgung mit einem Dieselhilfsmotor und nutzen auf Abschnitten mit Strom einen Elektromotor.

„Die Bahnbranche ist hier im Machermodus“, sagte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege bei der Vorstellung der "Branchenvision", die ein Verbund aus Allianz pro Schiene, der DB AG, Siemens, Bombardier, Alstom, dem VDV und mofai im April 2018 formuliert hatte: es darin geht um Emissionsfreiheit, Flotten-Flexibilität, Barrierefreiheit und Zukunftskompatibilität der neuen Züge.  „Der Sektor traut sich zu, ab Ende 2024 bei neuen Nahverkehrstriebwagen auf reinen Dieselantrieb zu verzichten", so Flege weiter.

Neben der Elektrifizierungsoffensive für das deutsche Schienennetz verspreche der Koalitionsvertrag auch eine Förderung alternativer Antriebe. „Beide Maßnahmen denken wir zusammen: Auch wenn die Politik bis 2025 rund 70 Prozent des Netzes elektrifiziert haben will, wollen wir danach schrittweise auch die restlichen 30 Prozent emissionsfrei befahren können, sei es mit alternativen Antrieben oder weiteren Elektrifizierungen. Wenn Politik und Bahnbranche jetzt gemeinsam entschlossen agieren, wird der gesamte Personenverkehr auf der Schiene bis 2050 komplett CO2-frei sein.“ (aho)

 

Quelle: Bombardier, mit Material von Allianz pro Schiene und VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.

 

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