Wie wird die Mobilität der Zukunft aussehen?

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Kostengünstig, effizient, bequem und umweltfreundlich sollen die Transportmittel von Morgen sein. Ist diese Idealvorstellung überhaupt realisierbar? Und wie weit sind wir noch davon entfernt? Mobilitätsforscher Dr. Konrad Götz im Interview.

"Wir brauchen bei allen Beteiligten einen Wandel der Mobilitätskultur"

 

Herr Götz, wie bewegen Sie sich persönlich im Alltag am häufigsten fort?

Ich bin meistens mit dem Fahrrad unterwegs.

Dann gehen Sie mit gutem Beispiel voran. Denn aktuell sind gut 46 Millionen Pkw auf deutschen Straßen unterwegs. Im Durchschnitt sitzen aber nur 1,4 Personen in einem Auto. Müssen wir uns vom bequemen Individualverkehr verabschieden, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen?

Da frage ich: Ist es nicht eine eigentümliche und vor allem unzeitgemäße Vorstellung von Bequemlichkeit, dass man sich bei dem heutigen Verkehrssaufkommen allein in ein Auto setzt, um sich dann im Stop and Go durch Staus zu quälen und dass man, endlich am Ziel angekommen, auch noch mühsam einen Parkplatz suchen muss? Ist es denn im Gegenzug wirklich unbequem oder ist es nur ungewohnt, zu Fuß unterwegs zu sein oder mit dem Fahrrad einzukaufen? Wenn die viel beschworene Bequemlichkeit mit dem Wunsch nach Intimität zu tun hat: die lässt sich auch in alternativen Verkehrsmitteln herstellen. Etwa in Form von elektrisch betriebenen Einzelfahrboxen, die man sich künftig per Knopfdruck kommen lassen kann.

Gerade die junge Generation nimmt das Auto immer weniger als Statussymbol wahr und setzt eher auf Carsharing, Flixbus oder Mitfahrgelegenheiten. Wird die vielbeschworene Verkehrswende vor allem von der jungen Generationen getragen?

Unsere empirischen Forschungen zeigen, dass der Wandel gar nicht so schnell geht. Aber Sie haben recht: Die Verkehrswende wird einerseits von der jungen Generation in den Großstädten getragen, andererseits von Trendsettern aller Generationen. Nicht vergessen: Die Alt-Ökos haben das Carsharing erfunden, nicht Car2go.

Mehr als ein Drittel der deutschen Bundesbürger lebt in dicht besiedelten Gebieten, wo eine Vernetzung der einzelnen Transportmittel vergleichsweise leicht realisierbar scheint. Welches Mobilitätskonzept halten Sie für den ländlichen Raum am tragfähigsten?

Am wichtigsten ist zunächst, dass es im ländlichen Raum wieder mehr Arbeitsplätze und eine Versorgungsinfrastruktur gibt – wie etwa Läden, Ärzte und Ämter. Diese können idealerweise gut zu Fuß und mit dem Fahrrad erreicht werden. Das Rückgrat bildet ein ÖPNV, der mit modernen, kleinen, effizienten, autonom fahrenden Bussen ausgestattet ist, deren Linien und Takt nach Bedarf funktionieren. Das Auto spielt weiterhin eine wichtige Rolle, aber nicht jedes Familienmitglied benötigt eines. Da können die schon angesprochenen Poolfahrzeuge in Zukunft einen guten Dienst leisten.

In vielen Ländern ist das Ende des Verbrennungsmotors politisch bereits besiegelt. Halten Sie einen gesetzlich verordneten Ausstieg zugunsten von Elektroautos ebenfalls für sinnvoll?

Statt einem gesetzlichen Ausstieg wäre es sinnvoller alle Alternativen zum Verbrennungsmotor konsequent und sehr großzügig zu fördern – also auch das Radfahren, Zu-Fuß-Gehen und der Nullemissions-ÖV. Wir brauchen außerdem eine dichte Ladeinfrastruktur, denn viele Leute werden am Auto festhalten.

Glauben Sie an die Massentauglichkeit von Fahrzeugen mit Elektromotor? Wenn ja, welche Voraussetzungen müssten dafür geschaffen werden?

Massentauglich sind die Elektrofahrzeuge bereits. Herr Professor Schuh (CEO von e.GO Mobile, Anm. d. Redaktion) macht ja vor, wie es geht. Aber es wäre nicht sinnvoll, wenn die gleiche Masse an Fahrzeugen – aktuell 555 pro 1.000 Einwohner – nun elektrisch unsere Städte verstopfen würde. Wir brauchen den weiteren Ausbau intelligenter Nutzungskonzepte, die es möglich machen, Autos für die wenigen Wegezwecke zu nutzen, bei denen wir sie wirklich brauchen

Ein intelligentes Auto, das mich mit Namen begrüßt, selbstständig die schnellste Route berechnet und nur noch per Smartphone gesteuert wird: Wie viel Digitalisierung und Vernetzung brauchen wir für eine nachhaltige und effiziente Mobilität?

Wir benötigen nicht viel, sondern eine kluge und ausgewählte Digitalisierung. Diese sollte in den Städten nicht das gesamte Verkehrssystem dominieren. Fußgänger und Fahrradfahrer dürfen nicht gezwungen werden, sich dem Diktat einer Totaldigitalisierung zu unterwerfen. Den gegenwärtigen Zukunftshype von Paketdrohnen und Lufttaxis zum Beispiel interpretiere ich als Ausweichen vor Entscheidungen, die wir heute schon treffen können: Eine kompakte Siedlungsstruktur und Nutzungsmischung, die es unnötig macht, jetzt auch noch mit dem Lufttaxi unterwegs zu sein. 

 

Smart Mobility Interview

Wie vernetzt muss die Mobilität der Zukunft sein? (Quelle: zapp2photo/Fotolia.com)

 

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