Vergangenen Mittwoch fand ein VDI Technologieforum in den Räumen der ID-Consult in München statt. Experten diskutierten im Rahmen der Veranstaltung über die Chancen alternativer Antriebstechnologien und darüber, welches Konzept das größere Potenzial für die Zukunft hat: Batterie oder Brennstoffzelle.

Podiumsdiskussion zu den Antrieben der Zukunft

Anlässlich eines Vortragsabends des VDI Bezirksverbands München im Innovation and Digitalization Lab des Münchner Beratungshauses ID-Consult am 07.02.2018 standen sich zwei Vertreter verschiedener Antriebstechnologien gegenüber: Prof. Dr. Leopold Mikulic, Associate Partner bei ID-Consult und ehemals Chef der Antriebsentwicklung bei Mercedes-Benz und Andreas Wittmann, Managing Director der Linde-Tochter BeeZero, einem Carsharing-Dienst mit Brennstoffzellen-Fahrzeugen.

Darin waren sich die Experten einig: An alternativen Antriebstechnologien führt in naher Zukunft kein Weg mehr vorbei. Nach Einschätzung von Prof. Mikulic wird der Verbrennungsmotor ohne Elektrifizierung des Antriebsstranges bei den geforderten CO₂-Emissionsgrenzen von etwa 75g/km spätestens 2025 an seine konzeptionellen Grenzen stoßen. Doch bereits davor drohen den Automobilherstellern hohe Konventionalstrafen, weil selbst der aggregierte Flottenzielwert von 95g/km voraussichtlich nicht von allen eingehalten werden könne: "Die Zielwerte sind schon sehr ambitioniert", so Mikulic, "die Hersteller haben alle Hände voll zu tun, sie zu erreichen."

Grenzen und Schwächen der Batterietechnologie

Aber auch rein batterieelektrische Antriebe seien nicht für jede Form der Nutzung geeignet: Ein heutiger Diesel-LKW mit einer durchschnittlichen Reichweite von etwa 1000km und einem zulässigen Gesamtgewicht von 40 Tonnen müsste als rein elektrisches Fahrzeug einen erheblichen Teil seines Gewichts an Batterien mit sich schleppen, um eine vergleichbare Reichweite zu erzielen, so Prof. Mikulic.

Auch Andreas Wittmann stellt die Grenzen eines flächendeckenden Betriebs von Elektrofahrzeugen nach heutigem Stand heraus: Die bestehenden Stromnetze seien in vielen Städten auf derartige Belastungen gar nicht ausgelegt. Da hätte das Konzept der Brennstoffzelle klare Vorteile und auch die höhere Reichweite sei entscheidend. Bereits ein Ausflug an den See oder in die Berge sei mit batteriebetriebenen Fahrzeugen heute kaum zu bewerkstelligen. Mit 400 km Praxisreichweite und drei Minuten Betankungsdauer entspräche ein Brennstoffzellenfahrzeug viel eher den Bediengewohnheiten der Autofahrer. Allerdings werde das Brennstoffzellenfahrzeug erst als Teil der gewohnten Mobilität wahrgenommen, wenn es sich auch als Fahrzeug zum Beispiel für die Fahrt ins Skiwochenende eignet. Kundenakzeptanz und der pragmatische Nachweis der Massentauglichkeit von Brennstoffzellenfahrzeugen seien die Motivation hinter der Gründung des BeeZero Carsharings. 

Wird sich das Konzept Brennstoffzelle durchsetzen? 

Beiden Technologien gemeinsam sind hohe Anschaffungskosten für die entsprechenden Fahrzeuge, was einer größeren Verbreitung und damit der Akzeptanz neuer Antriebstechnologien grundsätzlich im Wege steht. Batterieelektrische Fahrzeuge haben heute einen klaren Vorsprung bei der Marktdurchdringung. Dennoch ist die Brennstoffzelle eine zunehmend attraktive emissionsfreie Antriebsart, weil Energiebezug, Energiespeicherung und die Energieumwandlung von Wasserstoff in elektrische Energie technologisch mittlerweile gut beherrschbar sind. Zudem umgeht das Konzept Brennstoffzelle die technischen Hürden des Batterieantriebs: geringe Reichweite, Lade-Infrastruktur und Ladezeiten. Mögliche Vorbehalte der Nutzer betreffend Sicherheit oder Kosten könnten durch innovative Betriebsmodelle wie das von BeeZero aus dem Weg geräumt werden.

Bahn frei also für die Brennstoffzelle? Nicht zwangsläufig, so Mikulic: Überwinde man die noch bestehenden technologischen Hürden batteriebetriebener Fahrzeuge, so sähe es für die Brennstoffzelle unterm Strich eher schlecht aus.

Das wahrscheinlichste Zukunfts-Szenario sei demnach eine Landschaft, in der verschiedene Antriebskonzepte nebeneinander existieren und sich ergänzen: Batterieelektrische Antriebe im städtischen und stadtnahen Bereich, Brennstoffzellen für Personen- und Lieferverkehre mit mittleren Reichweiten und schließlich hybride Antriebe mit Verbrennungsmotor und Elektroantrieb für Güterverkehr auf langen Strecken. (sih)

 

Quelle: VDI Bezirksverband München