So treiben Gemeinden und Städte die Elektromobilität voran

Auf der derzeitigen 6. Fachkonferenz „Elektromobilität vor Ort“ in Stuttgart stehen vor allem die Gemeinden im Fokus: Wie treiben sie die Mobilitätswende voran? Die NOW GmbH als Organisator hat am heutigen ersten Konferenztag interessante Zahlen publik gemacht.

Elektroautos: Erstmals 2,5 Prozent Marktanteil

Die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) hat anlässlich der 6. Fachkonferenz „Elektromobilität vor Ort“ vom 26. bis 27. März in Stuttgart erfreuliche Zahlen kommuniziert: Der Marktanteil von Elektrofahrzeugen bei Neuzulassungen hat im Januar und Februar 2019 erstmals die Schwelle von 2,5 % am Gesamtfahrzeugmarkt überschritten. Das sind fast 7.000 Elektroautos pro Monat – deutlich mehr als in den Vergleichsmonaten in den Jahren zuvor.

Auch beim Thema Ladesäulenausbau belegt eine aktuelle Auswertung des BMVI-Förderprogramms Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge deutliche Fortschritte. Seit dem 1. März 2017 konnten private Investoren, Städte und Gemeinden im Rahmen von zwei Förderaufrufen (Frühjahr und Herbst 2017) Anträge zum Auf- und Ausbau von Ladepunkten stellen. Der erste Förderaufruf führte zur Bewilligung von etwa 9.000 Ladepunkten (Stand Februar 2019), darunter 1.500 Schnellladepunkte.

Im Rahmen des zweiten Förderaufrufs wurden (Stand Frühjahr 2019) etwa 7.000 Ladepunkte, davon knapp 1.000 Schnellladepunkte bewilligt. Zwischen November 2018 und Februar 2019 erfolgte ein dritter Förderaufruf, in dessen Rahmen der Aufbau von gut 10.000 Ladepunkten, darunter gut 5.000 Schnellladepunkte, beantragt wurden.

Infobox "NOW GmbH

Die NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie koordiniert und steuert das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) der Bundesregierung und die Förderrichtlinien Elektromobilität sowie Ladeinfrastruktur (LIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI).Im Auftrag des BMVI unterstützt die NOW außerdem bei der Weiterentwicklung der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie (MKS) und der Umsetzung der EU-Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau von Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Clean Power for Transport, CPT).

Die Gemeinde und Städte sind ambitioniert

Im Fokus der 6. Fachkonferenz „Elektromobilität vor Ort“ stehen vor allem die Städte und Gemeinden - als Multiplikatoren, Anbieter und Vorbild für Elektromobilität. Dass der emissionsfreie Verkehr für die öffentliche Hand keinesfalls ein Nischenthema mehr ist, belegt eine aktuelle Umfrage 540 deutschen Kommunen ab 5.000 Einwohnern: Für zwei Drittel der Kommunen in Deutschland hat Elektromobilität einen hohen Stellenwert, über 80 Prozent sind aktiv, weitere zehn Prozent planen Aktivitäten.

Besonders hoch im Kurs stehen der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Elektrifizierung des kommunalen Fuhrparks. E-Fahrzeug-Sharing und gewerbliche Fuhrparks nehmen dagegen keine besonders wichtige Rolle ein. Auch mit dem E-Mobilitätsgesetz (EmoG) beschäftigen sich nur 33 Kommunen. 14 Gemeinden bemängeln beim EmoG "Unklarheiten bezüglich der Regelung bei der Beschilderung bevorrechtigter Parkflächen". Dennoch gaben 70 Kommunen an, E-Fahrzeugen bereits heute eine Bevorrechtigung beim Parken zu ermöglichen. Geringere oder keine Parkgebühren setzen bereits 62 Kommunen um, 20 Gemeinden planen dies für das nächste Jahr.

Oftmals fehlende finanzielle Ressourcen

Häufig sei Elektromobilität für die Kommunen in erster Linie ein Umwelt- und Verkehrsthema sowie ein Imagethema, bilanziert die NOW in der Publikation „Elektromobilität in deutschen Kommunen: Eine Bestandsaufnahme“. Kommunen, die besonders von Feinstaub & Co. beeinträchtigt sind, bewerten das Potential der Elektromobilität beim Thema Schadstoffemissionen (verständlicherweise) höher als weniger belastete Kommunen. Auffallend ist auch, dass das Thema Elektromobilität einen höheren Stellenwert einnimmt, je größer die Kommune ist.

Auch wenn so manche Gemeinde sich gerne mehr einbringen möchte: Ein Hemmschuh bei der Umsetzung von Elektromobilität ist der Mangel an finanziellen Ressourcen (sagen 80 Kommunen), aber auch personeller Art (24). Nicht wenige Kommunen klagen über Schwierigkeiten mit vorhandenen Fördermöglichkeiten: Konkret wird der Aufwand bzw. die Bürokratie um verschiedene Förderprogramme genannt, aber auch Unübersichtlichkeit angesichts der Anzahl der Förderprogramme.

NOW-Geschäftsführer Dr. Klaus Bonhoff weiß das Engagement vor Ort bei der Umstellung auf saubere Mobilität zu schätzen: „Die Kommunen haben als Beschaffer und Anwender eine strategische Bedeutung für den weiteren Markthochlauf. Wir brauchen in Deutschland bis zum Jahr 2030 10 Millionen Fahrzeuge mit null Emissionen auf den Straßen, um die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Mit den verfügbaren batterie-elektrischen Fahrzeugtypen gibt heute schon ein Marktpotenzial von 3,5 Millionen E- Fahrzeugen.“

Förderbescheide in Millionenhöhe überreicht

Steffen Bilger, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeminister für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), übergab am 26. März zudem Förderbescheide im Wert von mehr als 6 Millionen Euro.  Im Fokus der geförderten Projekte stehen der elektrifizierte ÖPNV, der innerstädtischen Wirtschaftsverkehr und das Zusammenspiel von elektrischen Fahrzeugflotten mit Ladeinfrastruktur.

Diese sind im Einzelnen:

MuLi

„Multimodale Lademodul-Integration für verschiedene Fahrzeugklassen mit Fokus auf E-Bussen“

Fördersumme 1.321.892 €

Konsortium: Kölner Verkehrs-Betriebe AG, RheinEnergie AG, Ford-Werke GmbH

Gesamtsumme: rund 3,7 Mio. Euro (Forschungsanteil) + 1,4 Mio. Euro (Investitionsanteil)

Förderung: rund 1,3 Mio. Euro (Forschungsanteil) + 0,5 Mio. Euro (Investitionsanteil im Sofortprogramm „Saubere Luft“)

Projektinhalte und -ziele:

Ziel ist die Entwicklung und der Test eines Ladesystems mit integrierten Lademodulen für verschiedene Fahrzeugklassen, wobei dessen Kern-Systemarchitektur für die Nachladung von E-Bussen ausgelegt ist. Daher werden die Lademodule für die E-Busse unter realen Bedingungen im laufenden Betrieb getestet. Gleichzeitig soll das multimodal ausgelegte Ladesystem für den Anschluss an verschiedene Spannungsebenen (10 kV AC, Bahn-DC) geeignet sein, wobei ergänzend eine skalierbare Speicherlösung vorgesehen ist. Somit wird im Vorhaben erstmals ein System umgesetzt, bei dem Ladestationen für E-Busse für weitere Fahrzeugkategorien i. S. von Mobilitäts-Hubs genutzt und diese inklusive eines Energiespeichers an die Bahnstrominfrastruktur eines kommunalen Verkehrsunternehmens angeschlossen werden.

Flottenwende

Fördersumme 845.876 €

Konsortium: StreetScooter GmbH, AixACCT Mechatronics GmbH, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH

Gesamtsumme: rund 1,8 Mio. Euro

Förderung: rund 0,85 Mio. Euro

Projektinhalte und -ziele:

In diesem Projekt sollen auf der Basis typischer Anforderungsprofile für leichte Nutzfahrzeuge und Ladekonzepte in kommunalen Flotten aus dem in der Praxis bewährten Grundmodell des StreetScooters Fahrzeugvarianten abgeleitet sowie bedarfsgerechte Ladeeinrichtungen entwickelt werden. Vorgesehen ist die Entwicklung von bis zu 5 Fahrzeugvarianten. Die Prototypen werden ausgewählten Kommunen für einen Praxistest kostenlos zur Verfügung gestellt. Ziel ist es, mit dem „StreetScooter-Ansatz“ preiswerte und auf den Anwendungskontext optimierte E-Nutzfahrzeuge für verschiedene kommunale Einsatzzwecke zu entwickeln und zu erproben.

E-Metrobus Berlin

„Elektrifizierung von MetroBus-Linien mit Schnellladeinfrastruktur“

Förderumme: 1.396.792 €

Konsortium: Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Technische Universität Berlin, Reiner Lemoine Institut gGmbH

Gesamtsumme: rund 1,7 Mio. Euro (Forschungsanteil) + 10,5 Mio. Euro (Investitionsanteil)

Förderung: rund 1,4 Mio. Euro (Forschungsanteil) + 4,2 Mio. Euro (Investitionsanteil im Sofortprogramm „Saubere Luft“)

Projektinhalte und -ziele:

Übergeordnetes Ziel des Projekts ist die Realisierung eines robusten, stabilen E-Bus-Betriebs unter den hohen Lastbedingungen des Metrobus-Verkehrs in Berlin. Hierzu sind bestimmte betrieblichen Arbeitsziele zu erfüllen, z.B. die Entwicklung und Validierung eines robusten Betriebskonzeptes und flexiblen Störfallmanagements für elektrifizierte Metrobus-Linien, die Analyse des Einflusses der Zwischenladung auf die Betriebsstabilität im hochfrequenten Metrobus-Verkehr, die Evaluation von Korrekturmaßnahmen und die Erweiterung der Kompetenzen im Bereich Planung und Betrieb des Elektrobusverkehrs. Für den Bereich Forschung ergibt sich als technisch-wissenschaftliches Arbeitsziel die Erprobung und Optimierung der Schnellladeinfrastruktur im Leistungsbereich >300 kW und die Auslegung der Traktionsbatterie und Untersuchung der durch Betriebsstörungen erforderlichen betrieblichen Reserven. Als strategisches Ziele gilt die Senkung der Beschaffungskosten für E-Busse und Ladeinfrastruktur durch hohe Stückzahlen, die Positionierung Berlins als Vorreiter in der Transformation zum emissionsfreien und klimaneutralen Nahverkehr und die Erhöhung der Sichtbarkeit und Akzeptanz der E-Mobilität.

I-rEzEPT

„intelligente rückspeisefähige Elektrofahrzeuge zur Eigenstrommaximierung und Primärregelleistungsmarkt-Teilnahme“

Fördersumme: 2.391.517 €

Konsortium: Nissan Center Europe GmbH, Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V., Bosch Software Innovations GmbH

Gesamtsumme: rund 3,8 Mio. Euro

Förderung: rund 2.4 Mio. Euro

Projektinhalte und -ziele:

Kernziel des Projekts ist die Reduzierung des Kostennachteils von elektrischen Fahrzeugen gegenüber konventionellen. Dazu werden neue Geschäftsmodelle erprobt, mit dem Ziel die Investitions- und Betriebskosten von Elektrofahrzeugen und Ladeinfrastruktur zu reduzieren. Dabei werden 20 rückspeisefähige E-Fahrzeuge und rückspeisefähige Ladestationen im Feld erprobt, um am Primärregelleistungsmarkt teilzunehmen zu können, den Autarkiegrad von Quartieren sowie energie-effizienten Einzelimmobilien zu maximieren und die Sektorkopplung zwischen Mobilität, Strom und Wärme in einem innovativen und besonders weitreichenden Modell zu realisieren.

Über die  6. Fachkonferenz „Elektromobilität vor Ort“

Die Konferenz informiert über die Umstellung auf E-Mobilität im ÖPNV, bei Kommunen und im Wirtschaftsverkehr, über die Fortschritte beim Ausbau der Infrastrukturen für alternative Kraftstoffe und über aktuelle Technologieentwicklungen. Schwerpunkt ist die Umstellung auf Elektromobilität in Städten und Gemeinden. Vertreter von Kommunen, kommunalen Unternehmen und Verkehrsbetrieben sowie Betreiber von Flotten und Fuhrparks erhalten praxisnahe Informationen zu den entsprechenden Fördermöglichkeiten durch die Programme des BMVI.

Organisiert wird die Fachkonferenz von der NOW GmbH. Veranstaltungspartner sind die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart und die e-mobil BW. Die Konferenz findet statt in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, dem Verband kommunaler Unternehmen, dem Verband deutscher Verkehrsunternehmen und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. (aho)