Klimaschutz: Europas Autobestand muss sich ändern

Wie muss sich die europäische Autoflotte entwickeln, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen? Diese Fragestellung hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) In einer von Greenpeace beauftragten Studie untersucht. Die Zeit für entsprechende Maßnahmen drängt.

Zwei Szenarien für Europa

Die Wissenschaftler vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte in Stuttgart haben dazu zwei Szenarien aufgestellt: Das erste Szenario beschreibt die notwendigen Entwicklungen im europäischen Automarkt, um die Erderwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent unter der Marke von 1,5 Grad Celsius zu halten. Das zweite Szenario setzt eine Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent zum Ziel. Beide Szenarien basieren auf Zahlen des Intergovernmental Panel on Climate Change (auch „Weltklimarat“ genannt).

Die DLR-Forscher gehen in ihrem Untersuchungsreport von einem theoretisch verbleibenden CO2-Budget aus, das sie auf Basis des derzeitigen Ausstoßes für den Transportsektor berechnet und auf den privaten Mobilitätssektor heruntergebrochen haben. Für die 28 Staaten der Europäischen Union zuzüglich der Schweiz und Norwegen (EU28+2) bleibt den Berechnungen zufolge noch auszustoßendes CO2-Budget von 6,0 Gigatonnen im 50-Prozent-Szenario beziehungsweise von 3,6 Gigatonnen im 66-Prozent-Szenario.

Für beide Szenarien haben die DLR-Forscher angenommen, dass keine CO2-armen Kraftstoffe zur Verfügung stehen und alle fahrzeugtechnischen Potenziale bis an die Grenze ausgereizt werden, um Kohlendioxid einzusparen. Biomasse- und strombasierte Kraftstoffe sowie die mögliche Entlastung des Verkehrsbereichs durch CO2-Einsparungen in anderen Sektoren flossen nicht in die Betrachtung ein.

Abschied vom Verbrennungsmotor unausweichlich

Unter diesen Gesichtspunkten wäre das 50-Prozent-Szenario demnach noch realisierbar – Voraussetzung ist aber, dass ab dem Jahr 2030 keine PKW mit reinem Benzin- oder Dieselantrieb und ab 2037 auch keine Hybridfahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden. Im Jahr 2050 würden bis auf wenige Hybridfahrzeuge nur noch alternativ angetriebene PKW auf den Straßen Europas unterwegs sein.

Anders sieht es im Fall des 66-Prozent-Szenarios aus: hier wird das CO2-Budget selbst dann überschritten, wenn man eine sehr optimistische Entwicklung der Pkw-Flotte zugrunde legt. Die letzten Neuwagen mit Diesel- und Benzinantrieb werden in dieser Berechnung bereits im Jahr 2025 verkauft. Fünf Jahre später sind nur noch emissionsfrei fahrende Autos auf dem Markt. Der Bestand an Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb geht drastisch zurück und fällt bis 2045 auf null. Würden diese Maßnahmen umgesetzt, könnte der CO2-Ausstoß bis 2035 zwar um 90 Prozent reduziert werden. Kumuliert würden dennoch 3,9 Gigatonnen Kohlendioxid in die Luft gelangen.  

Beide Maßnahmen sind ambitioniert

"Beide Szenarien machen die zeitliche Brisanz des Themas deutlich und die Notwendigkeit, alle verfügbaren Handlungsoptionen möglichst schnell in Betracht zu ziehen und umzusetzen", fasst der federführende Studienleiter Bent van den Adel zusammen. Entwickelt sich die PKW-Flotte in Europa hingegen weiterhin so wie bisher, könnte das im 50-Prozent-Szenario angenommene restliche CO2-Budget schon innerhalb von zehn Jahren verbraucht sein, das im 66-Prozent-Szenario bereits innerhalb von fünf Jahren, warnt van den Adel.

Dem Verband der europäischen Automobilindustrie ACEA zufolge waren im Jahr 2015 in der Europäischen Union (inklusive Norwegen und Schweiz) 259 Millionen Pkw zugelassen – mit Deutschland auf Platz 1 (45 Mio.), Italien auf Platz 2 (37 Mio.) und Großbritannien auf Platz 3 (34 Mio.) Ganze 97 Prozent der gesamten europäischen Fahrzeugflotte wurden vor drei Jahren ausschließlich mit Diesel und Benzin angetrieben. Auch wenn der Absatz von Elektroautos – gerade in Deutschland - immer mehr Fahrt aufnimmt, stehen Politik, Industrie und Gesellschaft vor großen Herausforderungen, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen.

„Diese kurzfristige Umstellung ist sehr ambitioniert“, räumt Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan angesichts der DLR-Prognosen ein. Eine Alternative sieht er jedoch nicht: „Verkehrspolitiker und Autokonzerne haben die Herausforderung der Klimaerwärmung jahrelang ignoriert. Jetzt führt kein Weg an schnellem Handeln vorbei.“ (aho)

 

Quelle: DLR

 

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