Rückkehrwunsch aus dem Ausland - Wie sage ich es meinem Chef?

Sicher, ein Auslandsaufenthalt ist spannend, befeuert die Karriere und lässt einen an sich und den Aufgaben wachsen. Doch irgendwann ist es so weit und man möchte in sein Heimatland zurück. Doch dass dieser Weg nicht einfach ist, erlebt einer unserer Leser.

Sehr geehrte Frau Freund,

seit knapp 3 Jahren bin ich für meinen Arbeitgeber in China eingesetzt. Dort bin verantwortlich für die technische Führung und den weiteren Ausbau des Standortes.

Nun würde ich in absehbarer Zeit aus privaten Gründen gerne nach Deutschland zurückkehren und habe folgende Überlegungen angestellt: Mein aktueller Arbeitgeber rechnet damit, dass ich noch weitere zwei Jahre vor Ort in China tätig bin. Deshalb gibt es für mich in absehbarer Zeit keine konkrete „Rückkehrplanung“ in mein aktuelles Unternehmen, in dem ich seit mehr als 15 Jahren tätig bin. Nach meiner Einschätzung wäre vermutlich auch niemand begeistert, wenn ich meinen Wunsch zum Ausdruck brächte.

Ist es vor diesem Hintergrund denn ratsam, mich dort auf intern ausgeschriebene Positionen zu bewerben? Lieber würde ich mich komplett neu orientieren und den Arbeitgeber wechseln. Ich bin 43 Jahre alt und gehe davon aus, am deutschen Arbeitsmarkt gute Chancen für einen Einstieg auf oberer Führungsebene vorzufinden. Was wäre denn Ihrer Meinung nach der klügste und sinnvollste Weg, meinen Plan in die Realität umzusetzen?

Sehr geehrter Leser,  

da sprechen Sie ein heißes Eisen an: Viele der sogenannten Expats überraschen Ihre Arbeitgeber selbst mit einer durchaus planmäßigen und vertragsgerechten Rückkehr ins Mutterunternehmen! Leider wird die Reintegration  häufig nicht bis zum Ende durchdacht. Damit will ich nicht sagen, dass mir die Schwierigkeiten in diesem Prozess nicht bewusst sind: Das Unternehmen verändert und entwickelt sich ständig, und man kann eine bestimmte Funktion nicht für einen Mitarbeiter, der erst in einigen Monaten / Jahren aus dem Ausland zurückkehrt, „aufheben“. Aber das ist ein anderes Thema und betrifft die reguläre Rückkehr nach einem Auslandseinsatz. In Ihrem Fall reden wir ja von einem vorzeitigen Rückkehrwunsch. Ihre Idee, sich proaktiv auf Vakanzen am internen Stellenmarkt zu bewerben, halte ich eher für kontraproduktiv und wenig zielführend. Wir sollten davon ausgehen, dass die Vernetzung über die HR-Abteilungen gut funktioniert und schnell klar wird, dass sich da anderswo im Unternehmen eine schwierig zu füllende Lücke auftut, wenn man Ihre interne Bewerbung weiter verfolgt. Ich will nicht ausschließen, dass ein solcher Schritt machbar ist – aber man sollte ihn nicht unangekündigt und ohne Wissen der maßgeblich Beteiligten vollziehen.

Bleibt die Option „Ich orientiere mich gleich und sofort um und suche mir einen neuen Arbeitgeber.“ Eines ist sicher: Es wird nicht einfach werden, sich aus der Distanz heraus zu bewerben und den Prozess zielgerichtet zu verfolgen – man kann halt nicht eben mal in ein, zwei Stunden mit dem Flugzeug zum Gespräch anreisen. Sicher, zum Start und zum gegenseitigen ersten Kennenlernen geht das alles auch via Skype oder mit anderen Videokonferenz-Tools. Wenn es jedoch konkreter wird, kommt man am persönlichen Meeting nicht vorbei. Speziell in Führungspositionen ist es enorm wichtig, dass die Chemie im Management stimmt, und das lässt sich nur im Face-to-face-Gespräch herausfinden. Nur mal angenommen, Sie bewerben sich und haben dann bei zwei, drei unterschiedlichen Unternehmen die Option eines Vorstellungsgespräches. Meist wollen die Firmen nicht monatelang warten, bis Sie vielleicht ohnehin mal wieder in Deutschland wären. Zudem müssten die Termine einigermaßen nah beieinander liegen. Ganz zu schweigen von den anfallenden, erheblichen Reisekosten. Dann verschiebt sich bei den Gesprächspartnern ja auch gerne mal kurzfristig ein Termin. Wie kriegen Sie das unter einen Hut? Kann das alles klappen? Setzen Sie sich da vielleicht nicht zu stark unter Druck mit Ihrem Vorhaben?

Ich persönlich würde zu folgender Variante neigen: Sprechen Sie Ihren Wunsch beim aktuellen Arbeitgeber offen an: Sensibilisieren Sie die Person Ihres Vertrauens und diskutieren Sie gemeinsam, wie man das Vorhaben am klügsten taktisch angeht. Diese Person kann der Vorgesetzte sein oder auch Ihr Betreuer von HR-Seite – je nachdem, wohin Sie den besseren „Draht“ haben. Versuchen Sie, sich auf einen für beide Seiten akzeptablen Verbleib vor Ort in China zu einigen – vielleicht eine Zeitspanne zwischen 6 und 12 Monaten. Das ermöglicht Ihrem Unternehmen a) einen Nachfolger für Sie zu finden, den Sie im besten Fall auch noch anfänglich einarbeiten können und b) Ihnen eine adäquate Vakanz in Deutschland anbieten zu können. Im Zuge dieser Gespräche können Sie durchaus auf die intern angebotenen Stellen eingehen, die Ihnen besonders interessant und passend erscheinen. Vielleicht ergibt sich hieraus eine für beide Seiten attraktive Option. Im „worst case“ findet Ihr Anliegen kein unmittelbares Gehör. Dann bleibt Ihnen immer noch die Möglichkeit, den steinigeren Weg zu gehen und sich von Ihrem Auslandsstandort aus am externen Stellenmarkt zu orientieren. Aber wie schon gesagt: Es ist ungleich leichter, von der „Home-Base“ aus die Fühler am deutschen Arbeitsmarkt auszustrecken und zu eruieren, wer für Sie eine neue, spannende Herausforderung bereithält.

Noch ein Wort zum Thema „Obere Führungsebene“: Es ist richtig, der Arbeitsmarkt gibt für Ingenieure momentan viel her. Dennoch erlebe ich es so, dass die Unternehmen bzw. die verantwortlichen Manager sagen: „Wir wollen den neuen Mitarbeiter erst einmal kennenlernen. Wir bieten ihm eine adäquate Einstiegsmöglichkeit mit klarer Entwicklungsperspektive. Zunächst muss er sich aber auch bei uns beweisen und zeigen, was er kann.“ Dabei wird auch durchaus länger nach der richtigen Person gesucht – man will sich hier keine Fehlbesetzungen, verbunden mit häufigem Wechsel, leisten. Bedenken Sie bitte: es erwartet Sie eine völlig neue Unternehmenskultur, Sie müssen Ihr Netzwerk neu aufbauen, Sie übernehmen neue Verantwortungsbereiche. Vielleicht bietet man Ihnen zunächst einmal Aufgaben an, die Sie eher als „Side-step“ empfinden. Aber: Addieren Sie zu den genannten Punkten auch noch ein Plus an Führungsverantwortung und was sonst noch alles dranhängt – dann wird das Wasser, in das man da springt, sehr schnell eiskalt! Ein etwas sanfterer Einstieg mit vergleichbarem Portfolio und passender Perspektive ist manchmal zielführender, weil Sie rascher punkten und Erfolge verbuchen können.

Ihre Hildegard Freund

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