Sie glauben, die Preissteigerungen bei Elektrobussen hängen mit den Fördermitteln zusammen. Greifen die Bushersteller aus Ihrer Sicht einfach tief in einen vorhandenen Fördertopf? Was fordern Sie von den Herstellern?
Die für die Elektromobilität notwendigen Produkte haben in den vergangenen sechs Jahren deutliche technische Fortschritte gemacht. Jedoch ist die Preisentwicklung für Elektrobusse entgegenläufig zu der der Dieselbusse Neben der höheren Zahlungsbereitschaft der Verkehrsunternehmen durch Förderungen sehen wir aber auch die fehlenden Fertigungskapazitäten der
europäischen Hersteller als einen Kostentreiber an.
Wenn nun entsprechend der CVD europaweit 22 Prozent der neu zu beschaffenden Busse elektrisch sein müssen, kann dieser Kaufzwang auch preispolitisch genutzt werden. Wir erwarten von den Herstellern für dieses industriepolitische Förderprogramm, dass ausreichend Fahrzeuge mit einer für den Einsatz nötigen Verfügbarkeit zu angemessenen Preisen angeboten werden.
Sie selbst fordern von der Politik auch deshalb mehr Fördermittel für Ihre Mitglieder. Was rechtfertigt höhere Fördermittel aus Ihrer Sicht außerdem?
Wie auch im Energiesektor erfordert der Prozess zur Defossilisierung einen Umbau der Infrastruktur. Wenn wir nun den Migrationsprozess verkürzen, wie es in der CVD vorgegeben wird, sind viele Investitionen nötig und nicht abgeschriebene Anlagen frühzeitiger zu ersetzen. Wir fordern daher, wie auch in der Kohlekommission für den Energiesektor vereinbart, ein Programm zum Umbau der Infrastruktur.
Ohne Fördermittel und ohne entsprechende gesetzliche Ziele für Elektrobusse: Was würde passieren?
Unter Voraussetzung der aktuellen verkehrs- und umweltpolitischen Rahmenbedingungen würde ein Wandel kaum erfolgen, da seit Jahrzehnten die verkehrspolitische Ausrichtung den Individualverkehr fördert und auch die Preise für Energie kaum gestiegen sind. Ein Wandel unter anderem mit einer Anpassung der Rechtslage und der Bewertung der CO2-Emissionskosten ist nötig, um die Klimaziele von Paris weltweit umsetzen zu können.
Da wir in der Verantwortung stehen, für die nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen, müssen wir jetzt handeln und auch unser Mobilitätsverhalten ändern. Hierzu stehen wir im VDV. Für das Erreichen der Klimaziele ist es jedoch notwendig, den ÖV zu stärken und auszubauen und so mehr Kapazitäten für die verkehrlichen Verlagerungen zu schaffen. In einem zweiten Schritt muss dann die Transformation der Antriebe hin zu emissionsfreien Fahrzeugen erfolgen.
Wird irgendwann ein Großteil der Busflotten emissionsfrei unterwegs sein?
Das Ziel, alle Fahrzeuge emissionsfrei betreiben zu können, stellt eine große Herausforderung an die Energieerzeugung,
Energiespeicherung und Energiebereitstellung dar. Wenn wir diesen Prozess schaffen, werden wir auch alle Fahrzeuge emissionsfrei betreiben können. Im BMUFörderprogramm (Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit) wurden im vergangenen Jahr 1.000 Elektrobusse beantragt. Die Technologien werden jedoch unterschiedlich sein. Wir werden in Zukunft nicht mehr alle Fahrzeuge mit einem Energieträger, wie heute Dieselkraftstoff, betreiben, sondern abhängig vom Einsatzgebiet entweder Biogas, synthetische Kraftstoffe, Wasserstoff oder Batterietechniken einsetzen.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Schmitz. (khof)
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Interviewpartner
Dipl.-Ing. Martin Schmitz
Geschäftsführer Technik, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)
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