Die Ladetechnik des Audi e-tron beherrscht die EEBUS-Spezifikationen schon. Damit ist der e-tron Audi zufolge das erste Elektroauto, das EEBUS „spricht“. (Quelle: Audi AG)

Audi engagiert bereits seit mehreren für den sogenannten EEBUS-Standard, ein Hersteller- und Branchengrenzen übergreifendes Kommunikationsprotokoll, dank dem Elektroautos und das Internet der Dinge, respektive Hausgeräte zu einer Einheit verschmelzen sollen. Veit Rohrberg, Director of Development Connected Functions/Services/Functions on Demand bei Audi, erklärt im Interview mit der eMobilJournal-Redaktion unter anderem, was den EEBUS-Standard ausmacht und den Status Quo der Technologie.

Herr Rohrberg, was ist der EEBUS-Standard, und wofür steht EEBUS?

EEBUS ist ein Kunstwort (sprich E-Ebus). Anschaulich erklärt beschreibt der EEBUS-Standard die Datensätze und Steuerinformationen, mit denen ein Heimenergie-Managementsystem (HEMS) den verfügbaren Strom effizient und sicher an Haushaltsgeräte, das Elektroauto oder eine elektrische Heizung verteilen kann. Wir sprechen auch gerne vom Kommunikationsstandard für die nahtlose und branchenübergreifende „Sprache“ im Energiesystem der Zukunft.

In der EEBUS-Initiative arbeiten über 70 internationale Unternehmen. Sie ist führend im Bereich des Internet of Things und vereint Hersteller aus der Energie-, Telekommunikations-, Elektronik- sowie der Automobilindustrie. Der EEBUS-Standard ist offen zugänglich für alle Hersteller, bildet den Brückenschlag zwischen dem Kommunikationsprotokoll MoD-Bus, KNX, einem Bussystem zur Gebäudeautomation, sowie ISO 15118 und soll die Digitalisierung der Energieversorgung entscheidend vorantreiben.

Seit wann engagiert sich Audi in dem gemeinnützigen Verein EEBUS Initiative und mit welchem Ziel?

Audi ist über den Verband  der  Automobilindustrie ein Mitglied in der EEBUS-lnitiative. Audi engagiertsich bereits seit Anfang 2016, noch vor dem Start der eigentlichen EEBUS-Arbeitsgruppe zur E-Mobility in der EEBUS-Initiative. Wir sind mit dem Ziel gestartet, einen internationalen Standard für die Kommunikation zwischen Auto und Gebäude zu etablieren – denn so etwas gab es nicht. Die Hauptgründe für unser Engagement sind die Offenheit des Standards und die sektoren- sowie herstellerübergreifenden Möglichkeiten, alle großen Energieverbraucher im Haus zu vernetzen.

Im Rahmen des Plugfest E-Mobility bei Audi in Brüssel wurde die Vernetzung des Audi e-tron mit dem Smart Home über ein HEMS getes- tet. Beschreiben Sie doch bitte genau, welche Geräte und Lösungen wie vernetzt wurden, insbesondere welche Audi-Technik wie eingebunden wurde.

Der Audi e-tron vernetzt sich über das sogenannte Ladesystem connect per W-Lan oder Powerline mit einem HEMS. Diesen und weitere Anwendungsfälle haben die Entwickler verschiedener Projektpartner beim Plug- fest in Brüssel nachgestellt. Technisch lösen wir das im Beispiel des Audi e-tron über das standardisierte Protokoll   IS015118,  was unser Bindeglied zwischen Fahrzeug und HEMS ist. Das Protokoll registriert die Energiebedarfe des Autos, übersetzt diese in die EEBUS-Sprache und leitet die Informa- tionen an das HEMS weiter. Das funktioniert natürlich auch in die andere Richtung, damit das HEMS mit dem Auto für eine intelligente Ladeplanung kommunizieren kann. Beispielsweise für kostenoptimiertes Laden mit eigenerzeugtem Photovoltaikstrom oder variablen Stromtarifen.

Audi EEBUS 2

Bild 1: Beim Plugfest E-Mobility Anfang dieses Jahres bei Audi in Brüssel gab es „geordneten Kabelsalat“. Die beteiligten Partner der EBBUS-Initiative testeten unter anderem, wie Photovoltaikanlagen, die Ladeinfrastruktur, Elektroautos und Heizungen möglichst störungsfrei miteinander kommunizieren können. (Quelle: Audi AG)

Verlief die Vernetzung beziehungsweise Kommunikation der beteiligten Hardware und Software aus technischer Sicht völlig reibungslos, oder an welchen Stellen gab es gewisse Herausforderungen?

In Brüssel konnten wir unser Ladesystem connect in Kombination mit HEM-Systemen verschiedener Hersteller im großen Rahmen testen. Natürlich gibt es wegen vielfältigster Implementierungen auf Seiten des HEMS und der Ladeinfrastruktur immer kleine Detailverbesserungen. Doch das bringt uns nicht aus der Ruhe – ganz im Gegenteil, es gehört zu einem solchen Prozess einfach dazu.

Dank der großen Testerfahrung mit unseren HEMS-Kooperationspartnern SMA, Spezialist für Photovoltaik-Systemtechnik, und Hager, Spezialist für elektrotechnische Installationen, funktionierte die EEBUS-Kommunikation im Kontext Audi e-tron sehr gut, auch mit HEM-Systemen anderer Hersteller. Die Veranstaltung hat dazu beigetragen, die Qualität des EEBUS-Standards für Elektromobilität noch weiter zu erhöhen.

Wie konnte durch die Vernetzung des e-tron und seiner Ladetechnik in dem Test konkret das intelligente Laden, Smart Charging, simuliert werden? Welchen konkreten Mehrwert bietet die Vernetzung beim Laden für den Kunden und für das Stromnetz?

Das Ladesystem connect haben wir per W-Lan mit dem HEMS verbunden. Den Haushaltsanschluss stellte eine handelsübliche 32-A-Drehstromsteckdose dar, die realitätsgetreu über einen Unterverteiler nachempfunden wurde. Der simulative Anteil der Tests war damit nicht sehr hoch, da der genutzte Verteilerkasten wie eine reelle Hausverteilung mit verschiedenen Stromverbrauchern gestresst werden kann. Dafür nutzten wir beispielsweise Heißluftföns mit einer hohen Leistungsaufnahme – perfekt für einen Test des Überlastschutzes. Dank der fortgeschrittenen Serienreife konnten die Kollegen bereits alle benötigten Geräte wie HEMS, Ladesystem und Fahrzeug physisch und ohne Simulationen nutzen.

Die Vorteile eines solchen Systems liegen auf der Hand: Mit dem Ladesystem connect kann der Audi e-tron immer mit der maximal verfügbaren Leistung laden, die der Hausanschluss und das Auto ermöglichen. Dabei berücksichtigt es den Bedarf anderer Verbraucher im Haushalt und vermeidet ein Überlasten des Hausanschlusses und in der Folge das Auslösen der Sicherung. Im Zusammenspiel mit einem entsprechend ausgestatteten HEMS nutzt der Audi e-tron auch variable Stromtarife. So kann das Auto zu kostengünstigen Zeiten die Batterie laden. Verfügt das Haus über eine Photovoltaikanlage, kann der Kunde den Ladevorgang auch so optimieren, dass der Audi e-tron bevorzugt mit dem eigenerzeugten Strom lädt. Dazu berücksichtigt der Elektro-SUV ent- weder prognostizierte Sonnenscheinphasen, die das HEMS zur Verfügung stellt, oder den aktuellen Stromfluss am Hausanschluss.

Welche weiteren konkreten Erkenntnisse zur Weiterentwicklung beziehungsweise Anpassung des EEBUS-Standards oder der Audi-e-tron-Technik brachten die Tests außerdem? Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Ich spreche für alle Beteiligten, wenn ich sage, dass die Interoperabilität von der exakten Definition des Standards abhängt – und das hat sehr gut funktioniert. Für die Zukunft haben wir uns eine Art „Golden Testdevice“ vorgenommen, das in Zusammenarbeit mit einer unabhängigen Prüfinstanz die Normkonformität und Interoperabiliät der verschiedenen EEBUS-Geräte sicherstellt.

Audi EEBUS 1

Bild 2: Zwei Tage lang, am 28. und 29. Januar 2019, wurde gemeinsam daran getüftelt, wie der EEBUS-Standard weiter verbessert werden könnte: Ein Ziel, das Veit Rohrberg zufolge, Director of Development Connected Functions/Services/ Functions on Demand bei Audi, durch das Plugfest E-Mobility erreicht wurde. (Quelle: Audi AG)

Wann ist das System marktreif und wo erhalten Interessenten die Komplettvernetzung für Haus und Elektroauto, wenn der e-tron im Handel erhältlich ist?

Momentan (Stand: Februar 2019, Anm.d.R.) befinden wir uns in der finalen Testphase und stehen vor der Marktreife. Die ersten Auslieferungen des Audi e-tron starten ab März 2019 an europäische Kunden. Unser Ladesystem connect mit den intelligenten Ladefunktionen folgt einige Monate danach als Sonderausstattung. Das für die vernetzten Funktionen notwendige HEMS bekommt der Kunde von unseren Partnern SMA und Hager. Der Audi-Händler unterstützt bei der Beratung.

Und die Kosten, rechnet sich letztlich das intelligente Laden? Haben Sie dafür schon einmal eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt?

Das kommt auf den Kunden und die häuslichen Gegebenheiten an. Hat der Kunde eine Photovoltaikanlage? Wie sind Einspeisevergütung und Stromtarif? Bei einigen Haushalten steht eher der finanzielle Aspekt im Vordergrund, für andere zählt der ökologische Gedanke oder auch der Status als Technologie-Vorreiter. Alleine schon die intelligenten Ladefunktionen und der damit verbundene Blackout-Schutz sind für viele Kunden ein wichtiges Argument – denn wer steht schon gerne im Dunkeln?

Ein Blick in die Zukunft könnte bedeuten, wie Sie auch selbst mitgeteilt haben, dass die EEBUS-Geräte stärker ins Energienetz integriert werden, Stichwort ,,Smart Grid“. Wie genau sieht die Vision aus und welchen Nutzen hätte das?

Eine mögliche Anwendung ist eine Schnittstelle über das HEMS zum Netzbetreiber. Damit könnten Elektroautos ihre Ladeplanung noch besser an Netzengpässe anpassen und die Stabilität des Stromnetzes gewährleisten – beispielsweise, wenn mehrere Elektroautos in einem Straßenzug gleichzeitig laden. Hierzu braucht es eine Kommunikation zwischen Energieversorger, Netzbetreiber und Haushalt. Wenn das HEMS gemeinsam mit den intelligenten Verbrauchern die verfügbare Leistung entsprechend plant oder zeitlich verschiebt, ließe sich der Strombe- darf ohne eine Netzüberlast regeln. Also im Prinzip der Blackout-Schutz unseres Ladesystems connect in einer etwas größeren Dimension. Des Weiteren könnte das Elektroauto auch Erzeugungsspitzen durch erneuerbare Energien aufnehmen.

Weitere Anwendungen wie die Bereitstellung von Regelenergie, eine Stromreserve für den Bedarfsfall, oder das Rückspeisen aus der Fahrzeugbatterie bei Bedarfsspitzen (Vehicle to Grid) sind denkbare Szenarien. Das sind alles spannende Themen, die wir uns für die kommenden Jahre vorgenommen haben.

Welche Voraussetzungen müssen für die stärkere Integration ins Energienetz erfüllt sein beziehungsweise vielleicht auch erst noch erfüllt werden?

Die Grundlagen für die intelligente Energieverteilung im Haus haben wir heute mit der EEBUS-Initiative gelegt. Im zweiten Schritt sollten sich auch Netzbetreiber und Energieversorger stärker in diesem Gremium engagieren, um die Schnittstelle zwischen HEMS und Netz zu definieren. Nicht zuletzt sollte es für den Kunden Anreize geben, ein dynamischer Baustein des Energienetzes zu sein.

Wie weit ist der EEBUS-Standard mittlerweile gediehen? Glauben Sie, dass er auf breite Resonanz auch bei vielen anderen Autoherstellern und Geräteanbietern stoßen wird?

Die EEBUS-lnitiative hat die „E-Mobility Use Cases“ Anfang Februar 2019 veröffentlicht. Das grundlegende EEBUS-Datenmodell (SPINE) wird bereits seit einigerZeit für Haushaltsgeräte genutzt – die Grundlagen sind also gelegt! Wir sind jetzt schon drei Jahre an Bord und merken, wie das Thema stetig Fahrt aufnimmt. Immer mehr Unternehmen schließen sich der Initiative an und entsprechend nimmt die Zahl der nutzbaren Geräte zu.

Aber was in meinen Augen ganz entscheidend ist, es gibt keinen alternativen Standard im Bereich Energie und Haus-Energiesteuerung. Wir stehen  dahermit voller Überzeugung hinter dem EEBUS, und an seinem Erfolg gibt es keinen Zweifel. Wenn wir es mit der vernetzten Zukunft wirklich ernst meinen, braucht es übergreifende Standards statt proprietäre und herstellereigene Lösungen!

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Rohrberg. (khof)

  • Veit Rohrberg Audi

    Interviewpartner

    Veit Rohrberg

    Director of Development Connected Functions/Services/ Functions on Demand, Audi AG

     

  • EEBUS: Elektroautos intelligent laden Audi

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