The Mobility House: Einer für Alle(s)

Ob Privathaushalt, Energieversorger, Flottenbetreiber oder Bauträger: die Elektromobilität betrifft alle Bereiche. Der Umstieg auf den batterieelektrischen Antrieb bringt naturgemäß einige Fragen und Herausforderungen mit sich. Welche das sind und wie sich die "Elektrifizierung" seiner Kunden gestaltet, erörtert Marcus Fendt, Geschäftsführer von The Mobility House, im Interview.

Herr Fendt, The Mobility House ist im Geschäft für Elektromobilität sehr breit aufgestellt. Sie bieten Ladelösungen sowohl für private, gewerbliche Endkunden als auch für Wiederverkäufer beziehungsweise Dienstleister wie Elektriker, Energieversorger oder TGA-Planer. Können Sie kurz schildern, was Ihr diese Kundengruppen verbindendes Angebot ist?

Wir kommen ursprünglich von der Energieseite und sind 2009 mit der Idee angetreten, die Energiezukunft mitzugestalten. Wir glauben an zwei Entwicklungen, wobei mittlerweile für alle sichtbar ist, dass diese tatsächlich stattfinden werden: Erneuerbare Energien sind nicht mehr zu stoppen, weil sie zahlreiche Vorteile bieten. So können beispielsweise Solar- oder Windradanlagen mittlerweile günstiger als die Anlagen für die konventionelle Energiegewinnung betrieben werden.

Die Nachfrage durch unsere Kunden nach Ökostrom ist deutlich. Und Elektroautos werden als flexible Speicher und Stabilisatoren eingesetzt, die intelligent ins Stromnetz eingebunden sind. Dafür arbeiten wir mit der Automobilindustrie zusammen. Auch hier tut sich einiges. Die intelligente Einbindung der Fahrzeuge ins Stromnetz (siehe Bild 1) ist unsere zweite Grundvision, die in unser Projektgeschäft kundenklientel-übergreifend hineinreicht.

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Bild 1: Gemeinsam mit Partnern umgesetztes Projekt: Renault-Elektrofahrzeuge als Teil eines intelligenten elektrischen Ökosystems auf der portugiesischen Atlantikinsel Porto Santo. Das System basiert auf Elektrofahrzeugen, stationären Energiespeichern, intelligen- tem Laden und Entladen von Fahrzeugen sowie Vehicle-to-Grid-Anwendungen. (Quelle: Renault)

Warum wird sich die Elektromobilität mittel- bis langfristig durchsetzen?

Unter anderem deshalb, weil die Elektromobilität unseres Erachtens mittelfristig günstiger wird. Das wird auch deshalb geschehen, weil sie Zusatznutzen bietet. Von der Politik forcierte erneuerbare Energien, die durch die Elektrifizierung zusätzlich gepusht werden, spielen eine große Rolle. Die Elektromobilität hilft dabei, die Luftqualität besonders im urbanen Raum zu verbessern. Intelligente Ladelösungen unterstützen, das Stromnetz zu stabilisieren.

In welchen Bereichen der Elektromobilität sehen Sie derzeit die größte Dynamik?

Am meisten tut sich derzeit bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur. Schnellladepunkte sprießen derzeit überall wie Pilze aus dem Boden. Die deutsche Automobilindustrie baut sich massiv um. Es wird nur noch ungefähr ein Jahr dauern, bis deutsche Elektro- fahrzeuge in großem Maßstab vom Band rollen. Die ersten Fahrzeuge sind schon auf dem Markt, technisch ist die Umsetzung erfolgt.

Derzeit geht es noch um den Umbau der Produktion und des Vertriebs, und diese Transformation ist in vollem Gange. Erste Elektroautos halten in Privathaushalten, in Flotten und Unternehmen Einzug. Noch sind das die sogenannten „First Mover", doch das wird sich ändern. Seit 2016 spüren wir eine Verschiebung der Nachfrage durch Privatkunden und Kleinunternehmen hin zu mehr Projekten mit Groß- unternehmen.

The Mobility House ist weltweit in über zehn Ländern aktiv. Wie schätzen Sie die Unter- schiede – oder Gemeinsamkeiten – in diesen Ländern ein, wenn es um die Rahmenbedin- gungen für die Zukunft der Elektromobilität geht?

Vorreiter der Elektromobilität sind all die Länder, die frühzeitig den regulatorischen Rahmen geschaffen und und Fördermaßnahmen, die nachhaltig sind, aufgesetzt haben. Klar zu nennen als gutes Beispiel ist Norwegen. Dort kosten Autos steuerbedingt oft doppelt so viel wie bei uns. Da ist es ein klarer Vorteil, wenn man seinen Elektroner kostenlos aufladen oder parken kann, die Kfz- Steuer niedriger ist oder die Mehrwertsteuer beim Kauf wegfällt. Auch China und Kalifornien haben deutlich früher als Deutschland entsprechende, gut greifende Rahmenbedingungen hergestellt.

Wie sieht es hierzulande aus?

In Deutschland hat die Politik zwar mittlerweile verstanden, dass die öffentliche Ladeinfrastruktur aufgebaut werden muss – das wird gemacht. Aber darüber hinaus lediglich zu sagen, dass bis zu einem Zeitpunkt X eine Million Elektroautos auf den Straßen unterwegs sein sollen, ohne einen festen, langfristigen Rahmen zu geben, ist natürlich schwierig. Wir brauchen unverrückbare politische Vorgaben, beispielsweise bei den Vorgaben für den Anteil an erneuerbaren Energien, die unbeirrt verfolgt werden. Das fehlt bei uns.

Ich bin dafür, weniger Sinn machende Dinge wie eine Überschreitung bestimmter CO2-Grenzwerte zu verteuern und damit neue Technologien zu finanzieren. Wir brauchen aber auch gesetzliche Rahmenbedingungen für die Versorgung von Heim- und Arbeitsplätzen mit Ladeinfrastruktur. Unter anderem müssten das Mietrecht und Gesetze zum Eigentum derart angepasst werden, dass beispielsweise nicht mehr die Zustimmung aller Eigentümer für Ladepunkte nötig ist. Auch Verordnungen für die Integration in die Stromnetze beziehungsweise Anreizregulierungen für Firmen, die intelligente Lösungen zum Lastenausgleich anbieten oder für neue, innovative Player sind nötig.

Mit welchen Projektanfragen oder Problem- stellungen wenden sich Energieversorger und Stadtwerke am häufigsten an Sie?

Das intelligente Laden, um Leitungslasten zu managen, ist derzeit einer der wichtigen Punkte in den angefragten Projekten. Stadtwerke melden sich und wollen beispielsweise wissen, ob die Möglichkeit besteht, ein Signal zu senden, wann das Laden günstig ist beziehungsweise die Last auf dem Netz nicht so hoch. Daneben liefern und managen wir die Hardware beziehungsweise die Ladepunkte für die Kunden der Energieversorger.

Dem Strommix kommt eine besondere Bedeutung zu, wenn es um den klima- freundlichen Betrieb von Elektrofahrzeugen geht. Wie viel Wert legen Ihre Kunden auf eine Stromversorgung aus erneuerbaren Energien?

Man kann sagen, dass jedem, der auf Elektro-auto  umstellt,  klar  ist,  dass  das  ohne einen Ökostromtarif eigentlich nicht sinvoll ist. Und eigentlich stellt nahezu jeder Nutzer der Elektromobilität dann auch tatsächlich auf Ökostrom um, zumal das auch nicht preisintensiver ist.

Vehicle-to-Grid- (siehe Bild 2) und Smart-Charging-Technologien sind zentrale Punkte in Sachen Netzstabilität und Lastenmanagement. Welche Entwicklungen und Trends beobachten Sie?

Nicht nur Nissans und zukünftig Renaults oder VWs neue Elektroautogeneration ist Vehicle-to-Grid-fähig. Die Automobilindustrie hat – würde ich sagen – verstanden, dass es ohne Bidirektionalität in Zukunft nicht funktioniert. Derzeit ist eher die Ladeinfrastruktur selbst die entscheidende Herausforderung für uns. Die Kommunikation zwischen Netz, Ladesäule und Fahrzeug ist bei Bidirektionalität umfangreicher.

Die ISO-Norm 15118, die den Datenaustausch an der Schnittstelle zwischen Ladeinfrastruktur und Elektrofahrzeug regelt, sodass Fahrzeuge ohne Karte oder App geladen werden können, weil über das Laden mit der Ladesäule kommuniziert wird, ist derzeit in diesem Zusammenhang ein großes Thema. Es wird wohl noch zirka drei bis fünf Jahre dauern, bis das Thema Vehicle-to-Grid massentauglich ist. Dass die Kunden interessiert sind, erleben wir bereits jetzt. Viele wollen wissen, was sich diesbezüglich tut. Mit einer weiten Verbreitung von Smart-Charging-Lösungen, die bewirken, dass die Akkus bevorzugt bei geringerer Netzlast aufgeladen werden, ist früher zu rechnen.

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Bild 2: Von The Mobility House und seinen Partnern verwirklichtes Projekt: Ein Nissan Leaf an bidirektionaler Vehicle-to-Grid-La- destation auf dem Gelände des Energieverbunds Enervie in Hagen. Das Auto kann das Stromnetz innerhalb von Sekunden stabilisieren und drohende Stromausfälle verhindern. (Quelle: Nissan)

Was sind Ihrer Erfahrung nach die Hauptgründe, warum Unternehmen und Privatleute elektromobil unterwegs sein wollen? Mit welchen Erwartungen gehen Ihre Kunden an das Projekt Elektromobilität heran?

Ach wissen Sie, die Gründe dafür sind so vielfältig. Da gibt es die Innovatoren oder Early Adopter, die die neueste Technik nutzen wollen. Dann gibt es die Überzeugungstäter, denen insbesondere das saubere Fahren am Herzen liegt. Und nicht zuletzt hören wir immer wieder, dass aus marketing- und förderungstechnischen Gründen der Umstieg für sinnvoll erachtet wird. In bestimmten Anwendungsszenarien rechnen sich Elektroautos beziehungsweise entsprechende Flotten nämlich. Eine Voraussetzung dafür ist, dass möglichst weite Strecken zurückgelegt werden. Und nicht zuletzt fallen unter Umständen geringere Service- und Reparaturkosten an, wie ich selbst als Elektroautofahrer erleben darf.

Mit welchen Herausforderungen sehen sich vorallem Flottenbetreiber und der ÖPNV bei der Umstellung auf Elektrofahrzeuge konfrontiert?

Diese wollen wissen, was sie für Infrastruktur benötigen, wie sich Netz- und Ladeanschluss gestalten, wie die Stromkosten gering gehalten werden und wie man schnell aufladen kann, ohne den Netzanschluss übermäßig erweitern zu müssen. Man täuscht sich, wie schnell die Netzanschlusskosten und weitere Leistungsentgelte nach oben schießen, wenn kein intelligentes Ladema- nagement betrieben wird. Wir selbst haben bei Kunden Kostenverbesserungen in Höhe von 30 bis 70 Prozent erzielen können.

Ladeinfrastruktur und Gebäudeplanung sind im privaten und gewerblichen Bereich eng miteinander verzahnt. Wie aufgeschlossen begegnen Fachplaner für Technische Gebäudeausrüstung (TGA) und Bauträger dem Thema Elektromobilität?

Das Interesse ist eindeutig da, wir setzen derzeit sogar ein Buch für Planer auf. Die Herausforderungen für die TGA-Planer sind in erster Linie, dass sie je nach Einsatzfall beziehungsweise Nutzungsprofil unterschiedlich konzipieren müssen. Ein Busbetrieb beispielsweise muss schneller mit höherer Leistung laden können. In einer Tiefgarage, in der die gesamte Nacht hindurch geladen werden kann, sind die Anforderungen dagegen ganz andere. Wir als Firma können hier beratend zur Seite stehen, die Nutzerprofile bewerten und intelligente Ladetechnik je nach Szenario anbieten. Die Nachfrage aus Richtung der TGA-Planer steigt.

Lademanagement, Installation, Investitionen, Abrechnungen, Förderungen, rechtliche Rahmenbedingungen… – beim Einstieg in das Thema Elektromobilität gibt es einige Aspekte zu beachten. Welche Vorgehensweise empfehlen Sie allen „Neulingen“?

Ich rate, insbesondere Unternehmen, dazu, für einen ersten Eindruck oder Test einfach erst einmal zu kaufen und auszuprobieren. Jeder Elektriker kann heutzutage eine Ladestation installieren. Geht es an die Skalierung nach oben, dann sollte man natürlich planen und sich von Experten beraten lassen. Wir beispielsweise haben ein Schnellkonzept im Angebot, im Rahmen dessen wir an einem Tag beim Kunden vorbeikommen, uns die Gegebenheiten vor Ort und die Rahmenbedingungen anschauen und beraten, was montiert werden kann und wie dies mit Blick auf die Zukunftssicherheit geschehen sollte. Denn es macht keinen Sinn, jedes Jahr einen Ladepunkt mehr zu installieren, also immer wieder häppchenweise nachzurüsten.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Fendt. (khof)

  • Marcus Fendt Geschftsfhrer The Mobility House

    Interviewpartner

    Dipl.-Wirt.-Ing. Marcus Fendt

    Geschäftsführer, verantwortlich für die Bereiche Vertrieb und Business Development, The Mobility House

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