Spätestens seit dem Desaster von Samsung mit dem Galaxy Note 7 weiß auch der Laie, dass Lithium-Ionen-Batterien „brandgefährlich“ sind. Doch nicht nur die Batterien selbst können eine Gefahr darstellen. In modernen Elektrofahrzeugen werden elektrische Hochvoltsysteme eingesetzt, deren Spannungsniveau außerhalb der allgemein üblichen Grenzen liegen.
Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal 01/2019 erschienen.
1. Einleitung
Zwischen Industriemotoren im Megawattbereich, die mit über 15.000 V (Volt) betrieben werden und Drehstrommotoren mit 400 V klafft eine Lücke, in der nur wenige Anwendungen liegen. Ein typisches Beispiel sind große Solaranlagen mit Feldspannungen um die 1.000 VDC (DC = Gleichstrom) oder Wind-kraftanlagen mit 690 VAC (indirekte Netzanbindung; AC = Wechselstrom). In beiden Fällen liegt das Spannungsniveau zwar noch innerhalb der Grenzen der Niederspannungsregeln (1.000 VAC und 1.500 VDC), jedoch oberhalb der üblichen Niederspannungsstromversorgung.
Mit steigenden Leitungsanforderungen erreicht auch das Spannungsniveau in modernen Elektrofahrzeugen (Hybrid Electrical Vehicle = HEV, Battery Electric Vehicle = BEV) immer höhere Bereiche. Während bei leichteren Pkw die Spannung zwischen zirka 300 bis 400 VDC liegt, werden für leistungsstarke Sportwagen oder Traktionsantriebe von Bussen, Lkw oder Bergwerk-Fahrzeugen Spannungen bis 1.050 VDC eingesetzt (siehe Bild 1).
Bild 1: Leistungsstarke Elektroantriebe erreichen heute Spannungsniveaus jenseits 1.000 V. (Quelle: Pixabay)
Betrachtet man den Powertrain (Antriebsstrang) eines Elektromobils, so baut sich der Hochspannungskreis grob wie folgt auf:
- Hochvolt-(HV-)Batterie mit Batteriemanagementsystem (BMS), Wärmemanagement und Abschaltung
- Inverter, der auch gleichzeitig OBC (On-Board-Charger) sein kann; er wandelt die Energie aus der Batterie um in den variablen Strom, der für den Elektroantriebsmotor benötigt wird
- HV-Nebenaggregate wie Kompressor, Heizer oder DC/DC-Wandler für z. B. 12 V und 48 V
- Eigentlicher Elektroantriebsmotor
Das Prinzip des Antriebsstrangs in einem Elektrofahrzeug ist bereits seit über zwei Jahrzehnten in der Industrie im Einsatz: Frequenzumrichter werden dort dazu verwendet, frei variable Motordrehzahlen zu erzeugen. So hat sich in vielen Bereichen wie besipeilsweise der Automation die Pulsweitenmodulation (PWM) zur Ansteuerung von Elektromotoren durchgesetzt. Ein wichtiger Grund für Umrichter im allgemeinen Elektromotorenbau sind auch die heutigen Effizienzforderungen der EURichtlinien.
In allen oben genannten Anwendungsfällen haben elektrische Isolationsmaterialien einen wesentlichen Anteil an der Funktion und dem Erfolg eines Produktes. Eine zuverlässige elektrische Trennung schützt den Bediener vor einem elektrischen Schlag, verhindert Sachschäden beispielsweise durch Feuer und stellt den langfristig störungsfreien Betrieb einer elektrischen Einrichtung sicher.
2. Gründe für das Versagen von (polymeren) Isolationsmaterialien
Doch Kunststoffisolationen unterliegen einer Alterung. Die Datenblattwerte gelten nur für neuwertige Produkte unter normgerechten Bedingungen. Der wesentliche Alterungsgrund ist Wärme. Chemische Reaktionen wie Oxidation und Zersetzung laufen bei erhöhter Temperatur schneller ab. Eine grobe Daumenregel lautet halbe Lebensdauer bei Erhöhung der Einsatztemperatur um 10 °C. Dadurch baut die Spannungsfestigkeit über die Zeit immer mehr ab.
Diesem Umstand werden Isolationsmaterial Normen dadurch gerecht, dass sie in vielen Fällen die Reduktion der Spannungsfestigkeit als EndlifeKriterium wählen. In der IEC 60454 müssen Polyesterfolien nach 20.000 Stunden bei 130 °C Dauerbetriebstemperatur noch 50 % der ursprünglichen Spannungsfestigkeit aufweisen. Das heißt für den Entwickler: Er muss für langlebige Produkte diese Halbierung der Datenblattwerte berücksichtigen!
Neben der Wärme gibt es weitere Einflussfaktoren, die Isolationsmaterialien schädigen:
- Kälte (z. B. Bruchgefahr, Spannungsrisse)
- Vibration, Abrieb, Überdehnung (mechanische Belastungen)
- FeuchtigkeitChemische Belastungen (z. B. Lösemittel, Schmiermittel, Salzlösungen)
- Elektrischer Stress
- Energiereiche Strahlung (dazu gehört auch UV, also Außeneinsatz)
Um den Umfang dieses Artikels nicht zu sprengen, sollen hier nur die elektrisch bedingten Stressfaktoren näher beleuchtet werden.
3. Elektrische Ausfallmechanismen
Neben den oben skizzierten chemischen und physikalischen Belastungen werden vor allem dünne Schichten von wenigen zehntel Millimetern (Isolationsfolien, Lackschichten) bereits bei Spannungen im Niederspannungsbereich (1.000 VAC und 1.500 VDC) hoher elektrischer Feldstärke ausgesetzt und dadurch massiv elektrisch belastet. In dieser kurzen Übersicht sollen – ohne ins Detail zu gehen – drei Ausfallmechanismen beleuchtet werden. Auch wenn diese unterschiedliche Ursachen haben, führen sie alle schlussendlich zum Versagen der Isolation.
3.1 Teilentladung: Versagen der Luftstrecke
Isolierstoffe wie handelsübliche Polyesterfolien, erreichen sehr hohe Spannungsfestigkeiten von etlichen kV/mm. Diese liegt üblicherweise mehrere Größenordnungen über der von Luft, die den elektrischen Leiter und Isolator umgibt. Ist beispielsweise durch Spannungsüberhöhungen (Surge) die Durchschlagsspannung der Luftstrecke zwischen den spannungsführenden Teilen fast erreicht, entstehen Teilentladungen. Diese elektrischen Entladungen in die Luft kann man an feuchten Tagen an Hochspannungsleitungen als leises Knistern hören. Sie erzeugen energiereiche UV-Strahlung und in Folge aggressives Ozon. Teilentladungen entstehen verstärkt in einem stark inhomogenen elektrischen Feld. Tauscht man die normgerechte Prüfanordnung der Elektroden von „Kugel gegen Platte“ in „Spitze gegen Platte“, ist die Teilentladungseinsetzspannung deutlich niedriger. Es ist also wichtig, eine an die hohe Spannung (E-Feld) angepasste Geometrie zu wählen.
Teilentladungen entstehen auch in festen Isolierstoffen (z. B. Vergussmassen), insbesondere, wenn diese Fehlstellen (z. B. Gaseinschlüsse) enthalten (siehe Bild 2). Der an sich sehr hohen Durchbruchspannung des Isoliermaterials steht eine lokal begrenzte erheblich niedrigere Spannungsfestigkeit gegenüber. Im Gaseinschluss (z. B. auch Delamination von Mehrschichtmaterialien) kommt es bei ausreichender Feldstärke zur Zündung einer Teilentladung. Diese schädigen nach und nach das umgebende Isoliermaterial, bis die Isolationsstärke (dti, distance through insulation) nicht mehr ausreichend ist. Der Verguss von spannungsführenden Konstruktionen über 400 V erfordert daher weitaus mehr Sorgfalt wie klassische Anwendungen im Kleinspannungsbereich.
Bild 2: Erosion einer Fehlstelle (Gasblase, Delamination) in einem Isolationsmaterial durch Teilentladungen. (Quelle: Gerald Friederici)
Teilentladungen erzeugen unter anderem UV-Licht und Ozon. Durch diese Belastung kommt es zu einer Erosion der Oberfläche des Isoliermaterials. Sobald der Isolierstoff weit genug zerstört und abgetragen ist, erfolgt aufgrund der nun verringerten Spannungsfestigkeit der Durchschlag durch das Material. Teilentladungen können ab etwa 400 V entstehen. Besonders im Umfeld sehr schnell schaltender SiC-IGBT-Transistoren (Reduktion der Verlustleistung) belasten diese Gleitentladungen Isolationsmaterialien stark. Der beste Schutz dagegen ist Abstand (ein möglichst vollständiger, dennoch nie ganz störstellenfreier Verguss unterstützt die Vermeidung). Erhöhte Abstände verringern die elektrische Feldstärke (besonders im inhomogenen Feld) und die damit verbundene Ionisation der Luft.
Alternativ stehen Folienmaterialien zur Verfügung, die durch Beimischung anorganischer Komponenten eine drastisch höhere Lebensdauer unter Teilentladungs(TE)-Belastung erreichen. Typische Werkstoffe sind Polyimide mit anorganischen Beimischungen oder Mica-Bänder mit einem hohen Anteil an Glimmer. Wichtig: Wechselspannungen mit erhöhten Frequenzen reduzieren die Einsetzspannung für Teilentladungen (Inception Voltage). So hat Luft bei 2,5 MHz (Megahertz) nur etwa 80 % der Durchschlagfestigkeit bei 50/60 Hz oder DC. Noch wichtiger wie die Einsetzspannung für Teilentladungen ist, dass die maximal anliegende Dauerspannung unterhalb der Teilentladungsaussetzspannung liegt. Nur dann verlischt eine Teilentladung nach der Zündung durch beispielsweise einen Überspannungsimpuls auch wieder!
Fertigungsbegleitende Prüfungen detektieren Teilentladungen nicht unbedingt
Im elektromobilen Antriebsstrang hat man es nahezu überall mit dem Potenzial zu Teilentladungen zu tun. Eine möglichst kompakte Bauweise bringt an vielen Stellen die unterschiedlichen Spannungspotenziale sehr dicht zueinander (z. B. Junctionbox, On-Board-Charger, Frequenzumrichter für Antriebsmotor und der Elektromotor selbst natürlich). Für Entwickler der elektrischen Komponenten bedeutet das, nicht nur die klassische Wärmealterung im Auge zu behalten, sondern auch weitere Faktoren wie die schädlichen Teilentladungen. Deren Vorhandensein kann man bei üblichen produktionsbegleitenden Messungen kaum feststellen. Auch treten sie häufig erst nach Alterung des Isolierwerkstoffs verstärkt auf.
Das birgt die Gefahr, dass eine neuwertige Konstruktion als geeignet eingestuft wird, später aber zu Feldausfällen führt. Diese haben erheblich größere finanzielle und reputative Auswirkungen wie beispielsweise direkte Durchschläge bei einem Hochspannungstest im Produktionswerk. Ausgiebige Alterungstests sind daher eine sinnvolle Maßnahme, Isolationsaufbauten während der Entwicklung zu überprüfen. Zudem bringen Maßnahmen gegen Teilentladungen häufig auch Vorteile in Bezug auf die EMV (Elektromagnetische Verträglichkeits)-Problematik schnell geschalteter Umrichter.
3.2 Kriechstrom – Versagen der Creepage-Strecke
Ähnlich der Teilentladung handelt es sich auch bei diesem Phänomen um einen Oberflächeneffekt. Jedoch erfolgt der Angriff auf den Isolierwerkstoff durch einen anderen Mechanismus. Bei ausreichendem Abstand entstehen auch bei anliegender Spannung keine Gleitentladungen. Wird jedoch die Oberfläche verschmutzt (z. B. Abrieb, Staub), kann sich bei ausreichend hoher Luftfeuchtigkeit ein leitfähiger Belag bilden. Über diesen Belag fließt ein sogenannter Kriechstrom, auf den Materialien unterschiedlich empfindlich reagieren. Organische Isolierstoffe werden durch die elektrochemische Belastung nach und nach zerstört (Wärme, elektrolytische Dissoziation). Der Kriechstromweg (kann auch in das Material hinein wachsen) wird durch die kohlenstoffhaltigen Abbauprodukte gestärkt und wächst weiter (treeing), bis es zu einem Überschlag (Durchschlag) kommt.
Das Maß für die Neigung, einen leitfähigen Pfad bei Vorhandensein von Verschmutzung und Feuchtigkeit auszubilden, wird durch den CTI-Wert (Comparative Tracking Index, IEC 60112) angegeben (siehe Tabelle 1). Hervorragende Werte sind CTI = 0 (Isolierstoffklasse I; > 600 V) oder CTI = 1. Typische Materialien sind beispielsweise Polypropylen, Polyester oder fluorierte Werkstoffe. Bedeutend schlechter sind Werte von CTI = 4 (Isolierstoffklasse IIIb; 100–175 V) oder gar CTI = 5 (unter 100 V). Polyimide, aber auch viele Leiterplattenmaterialien, gehören in die Gruppe CTI = 4. Diese stärkere Neigung zur Kriechwegbildung berücksichtigen Normen durch erheblich längere Mindestabstände.
Kriechstromfestigkeit einiger üblicher Werkstoffe
Isolierstoffgruppe |
CTI (Comparative Tracking Index) |
PTI (Proof Tracking Index) |
Typische Werkstoffe |
I | 0 | > 600V | PTFE; PP; PE; PA; PFA; FEP |
II | 1 | 400 - 599 V | Polyester |
IIIa | 2 | 250 - 399 V | Polycarbonat |
IIIa | 3 | 175 - 249 V | PPS |
IIIb | 4 | 100 - 174 V | Polyimid, PEI, PSU, PEEK |
5 | < 100V |
Tabelle 1: Die Kriechstromfestigkeit wird mit dem CTI-Wert bestimmt und mit dem PTI-Wert geprüft. Der CTI-Wert sagt aus, bis zu welcher Volt-Spannung das Basismaterial keine Leitfähigkeit zeigt, wenn 50 Tropfen genormter Elektrolytlösungen darauf getropft werden. (Quelle: Wikipedia, Gerald Friederici)
Herausforderung Hochvolt-Spannung in möglichst kompakter Baugröße
Um kompakte Baugrößen und kurze Kriechstrecken zu realisieren, greift man beispielsweise zu vollvergossenen Systemen oder Schutz-lacken oder zu voll gekapselten Gehäusen (IP X7/X8). Durch den so erzielten Verschmutzungsgrad 1 (IEC 60664) könnte man mit sehr kurzen Kriechstreckenvorgaben arbeiten. In elektrisch angetriebenen Fahrzeugen ist ein Vollverguss oft jedoch nicht möglich, da sich das negativ auf das Gesamtgewicht auswirkt und die erzielbare Reichweite reduziert würde. Außerdem kann ein Vollverguss die Entwärmung behindern (Wickelkopf von Elektromotoren mit Luftkühlung).
Die Exponiertheit eines Fahrzeuges zu Witterungs- und Fahrbedingungen (z. B. Warm-/Kalt-Wechsel, Kondensation und Feuchtigkeit, Staub, Abrieb) erhöht die Chance erheblich, dass sich elektrisch leitfähige Oberflächenbeläge auf elektrischen Komponenten bilden. In der Norm IEC 60664 (Isolationskoordination) findet man bei den Umweltprüfungen Vorgaben, wie man mit standardisierten Materialien Oberflächen bewusst „verschmutzt“. Allerdings berücksichtigt diese Norm nur sehr begrenzt automobiltypische Verschmutzungssituationen.
3.3 Frequenzinduzierte Materialermüdung bei höheren Spannungen und Frequenzen
Polymere Isolationswerkstoffe sind besonders bei Gleichspannung im Niederspannungsbereich und bei niedrigen Wechselfrequenzen sehr gute Isolatoren. Steigt jedoch die Frequenz (siehe Bild 3), erreicht man im ungünstigsten Fall sogar die Resonanzfrequenz des Polymerwerkstoffes. Das ist jedoch außer bei sehr polaren Werkstoffen wie PVC (Polyvinylchlorid) oder PA (~ 27 MHz, PA = Polyamide) eher die Ausnahme.
Durch den ständigen Wechsel der Polarität im elektromagnetischen Feld werden polare Bestandteile in Polymerwerkstoffen zu Schwingungen angeregt. Die induzierte Energie führt zu einem Temperaturanstieg innerhalb des Werkstoffes. Wie zuvor bereits erwähnt, ist Wärme der Hauptalterungsgrund für organische Isolationen. Allerdings ist dieser Effekt in den meisten Fällen eher ein langfristiger. Dagegen tritt mit nahezu sofortiger Wirkung bei vielen Isolationsmaterialien eine deutlich verringerte Spannungsfestigkeit bei stark erhöhten Wechselfrequenzen (> 100 kHz = Kilohertz; auch steile Flanken dU/dt bei Pulsweitenmodulation erzeugen solche Frequenzen) auf. Grund dafür ist der Umstand, dass sich bei ausreichend hoher Spannung Oberflächen- und Raumladungszonen am und im Material bilden. Bei hohen Frequenzen können diese sich nicht mehr bis zum Nulldurchgang der Wechselspannung abbauen. Die verbleibenden Ladungen werden gespeichert und führen zu einer Feldüberhöhung.
Ist die Feldstärke durch die zusätzlichen Raumladungen ausreichend hoch, entstehen Teilentladungen. Die Zerstörung der Oberfläche des polymeren Isolators beginnt. Die dadurch entstehenden Ablagerungen auf der Oberfläche des Isolators führen zu Kriechströmen, die den Zeitpunkt bis zum Durchschlag zusätzlich verkürzen. Besonders kritisch ist, dass auch bei hoher Gleichspannung dieser Effekt unerwartet stark beeinflusst werden kann, wenn eine hochfrequente Wechselspannung überlagert ist. Wie oben beschrieben, erhöhen die verbleibenden Raumladungen die EFeldstärke über den vermeintlichen Spitzenwert der Spannung (DC plus Ripple) hinaus, sodass die Durchbruchspannung des Isolators überschritten werden kann. Als sicherheitsorientierte Daumenregel kann man sich merken, dass ab etwa 500 MHz (Megahertz) die dielektrische Festigkeit eines polymeren Isolators bestimmter Stärke etwa auf den Wert einer gleichweiten Luftstrecke (Clearance) sinkt.
Bild 3: Prinzipielle Darstellung des Verlustes an elektrischer Durchschlagsfestigkeit bei zunehmender Frequenz > 30 kHz bis 10.000 kHz / 10 MHz (Quelle: IEC 60664-4 / Gerald Friederici)
In Bezug auf Luftstrecken gibt es bereits seit langen Korrekturfaktoren für die Meereshöhe (Paschengesetz). Messungen bei erhöhten Frequenzen haben bestätigt, dass Luftstrecken bei 2,5 MHz eine auf etwa 80 % reduzierte Durchschlagfestigkeit haben verglichen mit 50/60 Hz bzw. Gleichspannung (DC). Die Erfahrung bestätigt, dass die Einsetzspannung für Teilentladungen bei höheren Frequenzen niedriger liegt wie etwa bei 50 Hz.
Hohe Wechselfrequenzen und steile Schaltflanken dU/dt, wie sie beispielsweise in Frequenzumrichtern oder OnBoardChargern entstehen, erzeugen also Raumladungen, die zu Feldstärkeüberhöhungen führen. Dadurch entstehen Teilentladungen bereits bei niedrigeren Spannungen wie etwa beispielsweise bei 50 Hz. Die Teilentladungen schädigen im Betrieb den Isolator und reduzieren zusammen mit Kriechströmen die Spannungsfestigkeit weiter. Die IEC 606644 bietet eine Guideline für die Reduktionsfaktoren für Isolationen unter hoher Wechselfrequenzbelastung.
Ohne in die Tiefe zu gehen, sei erwähnt, dass der „Durchgangswiderstand“ und der „Oberflächenwiderstand“ ebenfalls das Verhalten von polymeren Isolatoren im elektrischen Feld beeinflussen. Sie sind keinesfalls feststehende „ohmsche“ Widerstände. Die Temperatur, das Vermögen, Feuchtigkeit aufzunehmen, die Entstehung von Raumladungen (frequenzabhängig) und die morphologische Strukturänderung des Polymers unter dauerhafter Spannungsbeaufschlagung sind Faktoren, die überwiegend nichtlinear die beiden Widerstände um mehrere Größenordnungen ändern können.
4. Zusammenfassung
Bei Spannungen über ca. 400 V werden alle drei oben erwähnten Phänomene meist in Mischform auftreten. Wie anfällig eine elektrische Konstruktion für einen vorzeitigen Ausfall ist, bestimmen in den meisten Fällen die Luftund Kriechstrecken und die Geometrie. Bei ausreichendem Abstand der spannungsführenden Leiter kann man die zuvor erwähnten Ausfallmechanismen zuverlässig vermeiden.
Allerdings widerspricht ein großer Abstand dem Wunsch nach immer mehr Leistung pro Volumen. Daher sollte man passende Maßnahmen gegen Teilentladung, Kriechstrom oder frequenzinduzierte Ausfälle ergreifen. Denn meist erfolgen die Ausfälle erst im Feld und nach etlichen hundert oder tausend Stunden Betrieb und nicht bereits in einer fertigungsbegleitenden Qualitätsprüfung.
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Autor
Gerald Friederici
Vorsitzender des Technischen Komitees und Beiratsmitglied im Fachverband „Electrical Winding & Insulation Systems“
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