Die Anzahl verkaufter Elektroautos in Deutschland bleibt weiterhin hinter den Erwartungen zurück. Diverse Studien zeigen, dass das Interesse an den Stromern aber durchaus vorhanden ist. Was hält die potenziellen EV-Fahrer vom Kauf ab?

Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal 01/2018 erschienen.

Das Interesse an Elektromobilität in Deutschland ist entgegen der weitläufigen Meinung groß – das ergab eine quantitative Befragung zum Thema Elektromobili­tät der Unternehmensberatung BearingPoint in Zusam­menarbeit mit PP:AGENDA, eine Kommunikationsagen­tur für E-Mobilität.

Für die Studie „Nächstes Auto. E-Auto!“ wurden 500 Deutsche befragt, die innerhalb der nächsten zwölf Monate die Anschaffung eines neuen Autos (Neu- oder Gebrauchtwagen) planen. Etwa zwei Drit­tel der Teilnehmer ziehen beim Autokauf Elektrofahr­zeuge in Betracht oder schließen sie jedenfalls nicht aus. Dennoch ist die Anzahl der Elektrofahrzeuge auf den deutschen Straßen nach wie vor gering. Worin besteht dieser Dissens zwischen Interesse und Kauf­entscheidung und was muss seitens Industrie und Politik getan werden, um das bestehende Potenzial auszuschöpfen?

Erheblicher Informationsbedarf zu Fördermitteln

Größtes Hindernis zur Entwicklung der Elektromobilität scheint unter den potenziellen Käufern vor allem man­gelnder Informationsfluss über Vorteile und Angebote zu sein. Die Mehrheit fühlt sich zum Elektroauto nicht gut informiert. Am besten schneidet bei 42 % der Be­fragten noch das Thema Reichweite ab. Die größte Un­sicherheit besteht hingegen für über zwei Drittel beim Umfang der staatlichen Förderung und bei den Ver­brauchswerten (siehe Bild 1).

Hindernisse bzw. Gründe gegen den Kauf eines E-Autos

Bild 1 (Quelle: BearingPoint)

Trotz bestehender staatlicher Strukturen fehlt es an einer konsistenten, übergreifenden Kommunikation zu Fördermöglichkeiten für Elektroautos. Auch die Umwelt­prämie ist nur bei weniger als der Hälfte der potenziellen Käufer bekannt. Da verwundert es nicht, dass die An­tragszahlen, die das Bundesamt für Wirtschaft und Aus­fuhrkontrolle (Bafa) zu Beginn des Jahres 2018 veröffent­licht hat, hinter den Erwartungen zurückbleiben: Bislang wurden zum Stichtag 31.12.2017 nur 46.897 Anträge für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben – dazu zählen ne­ben reinen Elektrofahrzeugen auch Plug-In-Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge – gestellt.

Mit der Befreiung von der Kfz-Steuer sind laut Stu­die lediglich 38 % vertraut. Weitere Förderungsmöglich­keiten wie Steuervorteile beim Laden oder KfW-Kredite sind kaum einem der Befragten bekannt. Die öffentli­chen Fördermittel könnten jedoch zum entscheidenden Kauf-Kriterium für E-Autos werden. Knapp 90 % der Be­fragten bestätigen, dass die Umweltprämie oder eine Befreiung von der Kfz-Steuer ihre Kaufentscheidung positiv beeinflussen würden (siehe Bild 2 und Bild 3).

  • Bild 2

    Bild 2 (Quelle: BearingPoint)

  • Bild 3

    Bild 3 (Quelle: BearingPoint)

    Größte Stolpersteine: Ladeinfrastruktur, Reichweite, Kaufpreis

    Ebenso wünschenswert wären mehr Informationen zu technischen Rahmenbedingungen und der verfügbaren Ladeinfrastruktur. Knapp ein Drittel der Deutschen weiß zu wenig über verfügbare Modelle, Lademöglichkeiten, Ladedauer und Verbrauchswerte.

    Für 73 % wird ihre Kaufentscheidung durch die noch zu schwach entwickelte Ladeinfrastruktur negativ beein­flusst. Die klassischen Argumente hinsichtlich zu hohem Kaufpreis und geringer Reichweite stellen für zwei Drit­tel eine Barriere für den Kauf eines E-Autos dar. Ins Blick­feld kommt aber auch zunehmend das Thema Ladedauer. 59 % der Befragten sind mit der langen Ladedauer unzu­frieden. 50 % der potentiellen Käufer werden zudem von den intransparenten Betriebskosten abgeschreckt.

    Eine positive Entwicklung ist im Sicherheitsbereich zu sehen. Lediglich ein Fünftel der Befragten hat Si­cherheitsbedenken und vertraut der Technologie nicht. Allerdings muss das Design von Elektroautos noch ver­bessert werden. Denn: Nur etwa 25 % finden die ver­fügbaren Modelle ästhetisch ansprechend (siehe Bild 4).

    Bild 4

    Bild 4: (Quelle: BearingPoint)

    Attraktiver Markt für Zusatzangebote und Produktbündelung

    Der Elektromobilitäts-Markt bietet auch Möglichkeiten für Zusatzangebote. Attraktive und leicht zugängliche Produktbündelungen könnten die Marktdurchdringung von E-Autos fördern. Die aktuelle Studie unterstreicht die Relevanz von Angeboten wie Vergünstigungen im Einzelhandel, Energieversorgung für das Eigenheim und Ökostrom. 70 % der Befragten zeigen beispielsweise großes Interesse an einer bundesweiten Ladekarte.

    „Die Umfrage zeigt eindeutig: Viele Bürger liebäugeln bereits mit einem E-Auto. Dies ist genau der richtige Mo­ment, überzeugende Angebote in Stadt und auf dem Land für Kauf, Leasing und Sharing anzubieten. Umsteigen auf E-Fahren mit erneuerbaren Energien heißt auch Kommu­nikation, Marketing und Vertrieb neu zu denken“, fasst Rolf Miller, CEO bei PP:AGENDA, zusammen.

    Deutschland liegt im internationalen Vergleich zurück

    BearingPoint hat auch eine globale Marktübersicht zum Einsatz von E-Autos für 2017 neu aufgelegt. Darin wird deutlich: Hinter China, den USA und Japan gehört Deutschland zwar zu den führenden Herstellern von Elektroautos. Der Anteil an verkauften Elekt­roautos in Deutschland ist allerdings im Vergleich zum Gesamtmarkt sehr gering. Angeführt wird die Liste des Marktanteils bei Elektrofahrzeugen und Hybrid-Elektrofahrzeugen wie im Vorjahr von Norwegen mit knapp 30 %. Der Interessensver­band Opplysningsrådet for Veitrafikken veröffent­lichte am 03.01.2018 eine Übersicht, nach der im vergangenen Jahr 52,2 % der neu angemeldeten Autos in Norwegen einen alternativen Antrieb hatten. Auf den weiteren Plätzen folgen Japan (21 %), Island (9 %) und die USA (4,5 %).

    Was diese Länder anders machen? Hauptgrund dafür, dass sich Autofahrer in diesen Ländern eher für Elektroautos entscheiden, sind staatliche Sub­ventionen. Mit deren Hilfe hat auch das Gesamt­volumen in Europa im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 32 % zuge­legt. Dadurch wird deutlich, dass E-Autos derzeit vor allem mit dem richtigen Anreiz auf die Straße gebracht werden können.

    Ein weiterer Treiber bei der Kaufentscheidung ist das zur Verfügung stehende Ladenetz. In Eu­ropa stieg die Gesamtzahl der zugänglichen Ein­heiten von 3.200 in 2010 auf fast 120.000 in 2017. Auch hierzulande hat die Entwicklung Fahrt auf­genommen: Nach Norwegen verzeichnet Deutsch­land im Juli und August 2017 den zweitgrößten Markt für Plug-in-Hybride in Europa mit einem Plus von über 100 % im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016.

    Um das große Potenzial in Deutschland auszuschöpfen und auch im internationalen Vergleich aufzuholen, sind „Kooperationen und einheitliche Ansätze verschiedener Akteure aus der Automobilindustrie, Politik, Energiever­sorgung und dem Einzelhandel nötig“, so Matthias Loe­bich, globaler Leiter Automotive bei BearingPoint. „Ne­ben dem Ausbau der technischen Infrastruktur ist eine effektive, transparente und nachhaltige Informations­politik gegenüber der Bevölkerung entscheidend.“ (sih)

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      Robert Horndasch - Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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