Wer kennt nicht den berühmten Hilferuf „Houston, wir haben ein Problem!“ von Jack Swigert? Er markierte den direkten Verlust von zwei der drei Brennstoffzellen bei der Apollo 13 Mission. Das war 1970 und damit bereits 130 Jahre nach der Entdeckung des Prinzips der Brennstoffzelle. Doch erst jetzt, weitere 50 Jahre später, nähert sich die Brennstoffzelle dem Ende ihres Dornröschenschlafs, resümiert unser Gastautor.
Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal 03/2018 erschienen.
1.1. Einleitung
Keine Frage: Unternehmen wie Ballard Power Systems, DuPont, Hexis, SFC, Grundfos und viele andere bedienen seit vielen Jahren bestimmte Teilmärkte mit beispielsweise geräuschlosen Notstromgeneratoren (USVs), Ladegeräten für batteriebetriebene Geräte oder auch Gebäudeheizungen, die gleichzeitig Wärme und Elektrizität erzeugen. Besonders dort, wo kein Anschluss an ein öffentliches Stromversorgungsnetz möglich ist – auf Inseln, Schiffen, in abgelegenen Siedlungen – oder eine besonders hohe Versorgungssicherheit benötigt wird – in Krankenhäusern, Industrieanlagen, auf U-Booten – sind Kombinationen aus Brennstoffzelle und Energiespeicher einsetzbar. Doch bisher gelang es keinem Hersteller, wesentliche kommerzielle Erfolge mit Brennstoffzellen zu erzielen. Einige Unternehmen – wie zum Beispiel Viessmann Ende 2017 – sind sogar größtenteils wieder aus dem Markt ausgestiegen.
2.2. Vorteile der Brennstoffzelle
Dabei bringen Brennstoffzellen deutliche Vorteile mit sich. Die Technologie erlaubt schon heute elektrische Wirkungsgrade von bis zu 60 %. Bei Kraft-Wärme-Kopplung werden sogar bis zu 95 % Systemwirkungsgrad erreicht. Zum Vergleich: Ein reiner Dieselmotor kommt auf etwa 40 %. Je nach Typ der Brennstoffzelle entsteht bei der „kalten Verbrennung“ nur Wasser. Die Zelle ist also weitestgehend schadstofffrei. Eine Brennstoffzelle arbeitet zudem nahezu geräuschlos und muss nicht gewartet werden. Sie ist als Energiequelle für Elektrizität und Wärme grund- wie spitzenlastfähig.
Da es mit Brennstoffzellen möglich ist, besonders effizient chemisch gespeicherte Energie aus den regenerativen Stromquellen wieder in elektrischen Strom zu verwandeln, kann diese Technik zudem dazu beitragen, den CO2- und Stickoxid-Ausstoß von Kohle- und Erdgaskraftwerken deutlich zu reduzieren.
3.3. Kombination von Brennstoffzelle und Batterie
Elektrofahrzeuge können zum Beispiel als Beimischung zu den Flotten der Automobilhersteller bereits die Erreichung der CO2-Grenzen der EU ermöglichen. Gleichzeitig werden sie auch zunehmend von der Bevölkerung als Zukunftstechnologie erkannt. Ökologisch interessant werden Elektrofahrzeuge, wenn der Strom nicht aus Kohlekraftwerken kommt, sondern regenerative Energie für das Laden der Lithium-Ionen-Batterie verwendet werden kann. Doch regenerativer Strom steht nicht immer zur Verfügung. Nachts produziert kein einziges Solarkraftwerk in Europa Strom. Zudem können Flauten im Sommer tagelang die Produktion von Windstrom lahmlegen – gerade dann, wenn Klimaanlagen besonders viel Strom benötigen. Derzeit werden große Lithium-Ionen-Speicherkraftwerke aufgebaut, um Strom zu puffern. Denn an sich muss elektrische Energie in dem Moment, in dem sie produziert wird, auch wieder verbraucht werden.
Hier liegt das Potenzial der Brennstoffzelle als Energiequelle der Zukunft – gerade auch im vollelektrischen Fahrzeug. Denn Brennstoffzellen arbeiten im einfachsten Fall allein mit Wasserstoff und Sauerstoff. Den benötigten Wasserstoff gewinnt man in sogenannten Elektrolyseuren (Umkehr des Brennstoffzellen-Prinzips; Power-to-Liquid bzw. Power-to-Gas) mithilfe des regenerativen Stroms aus Windkraft, Solarenergie, Biogas oder Wasserkraft. Zusammen mit dem Sauerstoff aus der Luft kann zu einem späteren Zeitpunkt die chemisch gespeicherte Energie wieder in Antriebsenergie umgewandelt werden.
Aus sicherheitstechnischen Aspekten – schließlich gibt es bereits seit Längerem mit Erdgas oder auch hochverdichtetem Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge – kann man auch Direkt-Methanol-Brennstoffzellen (DMFC) einsetzen. Dies würde auch den Ausbau einer entsprechenden Versorgungsinfrastruktur erleichtern. Die derzeit rund 60 öffentlich zugänglichen Wasserstoff-Tankstellen sollen der Initiative H2 Mobility zufolge auf 400 H2-Tankstellen im Jahr 2023 ausgebaut werden. Wegen der mit einer Tankfüllung erzielbaren Reichweite von 600 Kilometern könnten 1.000 Tankstellen bundesweit bereits eine ausreichende Dichte darstellen. Zum Vergleich: Für fossile Brennstoffe gibt es deutschlandweit etwa 13.000 Tankstellen. Allerdings ist die erreichbare Leistungsdichte der DMFC nicht ausreichend für den direkten Antrieb eines elektrischen Fahrzeugs.
4.4. Hindernisse für die Massenproduktion
Trotz der Vorteile und Möglichkeiten von Brennstoffzellen wird dieser vielversprechende Energieproduzent auch Anfang 2018 noch nicht in der Massenproduktion eingesetzt. Dafür sind auch die Verkaufszahlen der wenigen Serienfahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb (Toyota Mirai, Honda Clarity) noch zu gering – trotz erfreulich hoher Reichweite. Eine Wende könnte das Jahr 2020 bringen, wenn Hersteller wie Daimler, BMW, Audi, Honda, Toyota und Ford ihre angekündigten marktreifen H2-Lösungen präsentieren.
Eine weitere Antriebsfeder ist der zunehmende Einsatz von Brennstoffzellen im Nutzfahrzeug-Bereich. So wurde zum Beispiel Ende 2017 bekannt, dass der Online-Händler Amazon 23 % des Brennstoffzellen-Spezialisten Plug Power übernehmen will. Die Gabelstapler mit Brennstoffzellenstacks, mit denen Amazon sich gemäß Vertrag ausrüstet, können binnen drei Minuten wieder für eine volle Schicht aufgeladen werden.
Dennoch: Wichtige Hinderungsgründe für den Masseneinsatz sind bislang die verschiedenen konkurrierenden Brennstoffzellenarten (zum Beispiel Polymerelektrolyt- (PEM) oder Festoxidbrennstoffzellen (SOFC)) und die relativ teuren Rohstoffe (wie unter anderem der Platin-Katalysator), die eingesetzt werden müssen. Zudem ist die Lebensdauer im mobilen Wechsellast-Betrieb noch nicht ausreichend und auch die Herstellung durch eine fehlende, vollautomatische Serienfertigung bislang noch zu teuer. Dadurch kann sich der Brennstoffzellen-Antrieb noch nicht gegenüber den etablierten, hochstandardisierten Fertigungen der Verbrennungsmotoren durchsetzen.
5.5. Chancen des Dieselskandals für die Brennstoffzelle
Doch vor allem fehlte bislang der Druck von außen. Denn eine gute Technologie wird noch nicht deswegen eingesetzt, weil sie anderen Technologien überlegen ist. Vielmehr bedarf es eines ökonomischen Anreizes, um sie gegenüber anderen Möglichkeiten der Energiegewinnung als konkurrenzfähig zu erkennen. Der Dieselskandal übt nun einen massiven Druck auf die Automobilindustrie aus. Hielten bis vor einiger Zeit noch alle deutschen Automobilbauer am Verbrennungsmotor fest, ändert sich die Situation nun zunehmend. Denn das Diesel-Fahrzeug hat sein gutes Image verloren und in manchen Ländern dieser Welt ist man in Sachen „sauberes Auto“ bereits viel weiter.
Bei der Suche nach Alternativen hat die Kombination Brennstoffzelle und Lithium-Ionen-Batterie großes Potenzial. Denn ähnlich dem Verbrennungsmotor in einem Hybrid-Antrieb kann die Brennstoffzelle 24 Stunden pro Tag die vergleichsweise kleine Batterie laden – mit Energie aus regenerativen Quellen und an jedem Ort, unabhängig von einer Ladestation, folglich auch in Städten mit sehr prekären Parkplatzproblemen und unzureichendem Stromnetz für die große Zahl an benötigten Ladestationen.
CMC Klebetechnik arbeitet mit mehreren Komponentenanbietern zusammen, um Brennstoffzellen konkurrenzfähig zu machen. Leistungsfähigere Materialien, eine zuverlässige Lebensdauer und automatisierbare Verarbeitungsprozesse helfen dabei, die Zukunft der Energieversorgung flexibler zu gestalten und – bei Einsatz regenerativer Energien – den CO2-Footprint jedes einzelnen zu verkleinern.
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Autor
Gerald Friederici
Vorsitzender des Technischen Komitees und Beiratsmitglied im Fachverband „Electrical Winding & Insulation Systems“
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