3.3. Szenarien-Ergebnisse für Batterierohstoffe
Das Öko-Institut hat im Auftrag der Agora Verkehrswende speziell die Schlüsselrohstoffe der Antriebsbatterien analysiert. Die umfassenden Ergebnisse wurden im Herbst 2017 veröffentlicht [1]. Zunächst wurden dafür globale Szenarien auf Basis von Vorausschätzungen der IEA aufgestellt [4]. Eines der Szenarien ist ein 2-Grad-Ziel-Szenario (2DS), welches den Anstieg der globalen Temperatur bis zum Jahr 2100 begrenzt. Im Bereich Mobilität beinhaltet dieses Szenario neben einem stark wachsenden Anteil von Elektrofahrzeugen einen wachsenden Anteil des öffentlichen Personenverkehrs im Vergleich zum Individualverkehr und eine verstärkte Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene. Das 4-Grad-Ziel-Szenario (4DS) ist als konservativer Benchmark aufzufassen, da hier die internationalen Klimaschutzziele klar verfehlt werden. Dementsprechend unterstellt das 4DS-Szenario im Vergleich zum 2DS-Szenario einen deutlichen, stärkeren Anstieg der globalen Pkw- und Lkw-Zahlen sowie eine erheblich langsamere Elektrifizierung in allen Fahrzeugkategorien.
In Bild 1 sind ausgehend vom Startjahr 2015 die jährlichen Verkäufe und die Bestandentwicklung für Pkw in der globalen Entwicklung nach dem 2-DS-Szenario dargestellt. Bei den Pkw-Verkäufen nehmen unterschiedliche Kategorien (teil-)elektrifizierter Fahrzeuge bereits 2030 einen sehr relevanten Anteil ein; 2050 werden Pkw mit reinem Verbrennungsantrieb nicht mehr verkauft.
Entsprechende Fahrzeugszenarien wurden neben Pkw für Lkw, Busse, 2-3-Räder (Motorroller etc.) und Pedelecs aufgestellt. Sie dienen als Grundlage für die Bedarfsszenarien ausgewählter Schlüsselrohstoffe wie Lithium oder Kobalt, die bezüglich der Rohstoffdebatte besonders im Fokus liegen.
Bild 1: Jährliche Verkäufe (links) und Bestand (rechts) von Pkw nach dem 2DS-Szenario (Millionen Fahrzeuge). (Quelle: Öko-Institut e.V.)
3.1 Lithium
In Bild 2 sind die Szenarien-Ergebnisse für Lithium (in Summe für alle Fahrzeugtypen) dargestellt. Der Gesamtbedarf für die Elektromobilität steigt im 2DS-Szenario (grüne Säulen) im Jahr 2030 auf rund 160.000 Tonnen und im Jahr 2050 auf einen Jahresbedarf von rund 500.000 Tonnen. Das 4DS-Szenario (blaue Säulen) zeigt erwartungsgemäß einen deutlich schwächeren Anstieg.
Die Entwicklung des Lithiumbedarfs für die Elektromobilität nach dem 2-DS-Szenario bedeutet im Vergleich zur globalen Primärproduktion von Lithium im Jahr 2015 (gut 30.000 Tonnen) für 2030 gut eine Verfünffachung. Weiterhin ist in den Szenarien eine positive Entwicklung des Beitrags von Recyclingmaterial abgebildet. Für 2030 wird bereits ein Beitrag von 10 % des Lithiumbedarfs für Elektromobilität aus dem Recycling von Batterien gedeckt. Für 2050 – vorausgesetzt die Lithium-Ionen-Batterien bleiben am Markt dominierend – kann der Beitrag durch Sekundärlithium unter günstigen Annahmen bereits auf 40 % anwachsen.
Dieser mögliche Beitrag des Recyclings (siehe hierzu Abschnitt 4) ist demnach von strategischer Bedeutung zur Deckung des Lithiumbedarfs. Schließlich sind in der Grafik neben der Entwicklung des Lithiumbedarfs für die Elektromobilität die bekannten (Stand 2016) natürlichen Reserven (14 Millionen Tonnen) sowie Ressourcen (46,9 Millionen Tonnen) aufgeführt [5]. Physische Verknappung von Lithium aufgrund der natürlichen Vorkommen ist demnach auf absehbare Zeit kein Thema – die Werte für die bekannten Lithiumreserven und -ressourcen wachsen zudem fortlaufend. Auf andere Herausforderungen wird in Abschnitt 5 näher eingegangen.
Bild 2: Globaler Lithiumbedarf in Lithium-Ionen-Batterien für Fahrzeuge 2015, 2030, 2050 in den Szenarien 2DS und 4DS und Sekundärmaterialpotenziale (in Tonnen). (Quelle: Öko-Institut e.V.)
3.2 Kobalt
In Bild 3 ist die entsprechende Bedarfsentwicklung für Kobalt aufgeführt. Auch hier ist ausgehend von 2015 über 2030 bis 2050 ein erhebliches Anwachsen des Kobaltbedarfs für die Elektromobilität zu erwarten. Wie bei Lithium ist auch für Kobalt das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien eine wichtige Strategie, um den Druck auf die natürlichen Vorkommen zu dämpfen (siehe schraffierte Anteile der Balken). Weiterhin ist ein erhebliches Engagement der Zellenhersteller hinsichtlich der Reduktion des spezifischen Kobaltbedarfs je Batteriezelle evident. Gründe hierfür sind der (relativ) hohe Preis von Kobalt im Vergleich zu Nickel sowie die Tatsache, dass gut 50 % der globalen Kobaltproduktion auf die Demokratische Republik Kongo fallen.
In den Szenarien-Ergebnissen sind die Daten der Zellen für 2015 mit NMC 111 (stöchiometrisches Verhältnis Nickel, Kobalt und Mangan) angesetzt, für 2030/2050 mit NMC 622, das heißt bereits reduziertem Kobaltgehalt. Ein wichtiger Forschungsstrang ist jedoch die Entwicklung von NMC 811-Zellen. Wird hier ein Durchbruch erzielt, würde sich der Kobaltbedarf je Zelle halbieren und die Bedarfsbalken nach dem 2DS-Szenario (unten) ebenfalls. Bezüglich Kobalt darf man in den nächsten Jahren also durchaus auf Innovationen bei den Batteriezellen gespannt sein.
Bild 3: Globaler Kobaltbedarf in Lithium-Ionen-Batterien für Fahrzeuge 2015, 2030, 2050 in den Szenarien 2DS und 4DS und Sekundärmaterialpotenziale (in Tonnen). (Quelle: Öko-Institut e.V.)