Der Bedarf an Schlüsselrohstoffen für Lithium-Ionen-Batterien ist ein viel diskutiertes Thema. Doch sind bei zunehmender Elektromobilität wirklich Engpässe zu erwarten?Das Öko-Institut fasst in einer Gesamtschau die wesentlichen aktuellen Erkenntnisse und Entwicklungen zusammen und gibt sieben Handlungsempfehlungen an die Hand, um eine nachhaltige Rohstoffversorgung langfristig sicherzustellen.
Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal 03/2018 erschienen.
Im 2-Grad-Ziel-Szenario (nach IEA) steigt der Gesamtbedarf an Lithium im Jahr 2030 auf rund 160.000 Tonnen und im Jahr 2050 auf einen Jahresbedarf von rund 500.000 Tonnen an. Eine physische Verknappung von Lithium ist dennoch auf absehbare Zeit nicht zu befürchten. Für Kobalt ergeben sich aus den Szenarien vergleichbare Ergebnisse. Dennoch bestehen Herausforderungen hinsichtlich der Rohstoffversorgung für Elektromobilität.
1.1. Einleitung
Mit dem Einstieg in das Elektromobilitätszeitalter werden Fragen zur Veränderung des Rohstoffbedarfs oder gar von Rohstoffverknappungen immer häufiger gestellt. Unbestritten ist, dass bei einem globalen Wandel weg vom Verbrennungsmotor hin zu elektrischen Antrieben fossile Rohstoffe (in erster Linie Erdöl) für die Nutzungsphase der Fahrzeuge massiv an Bedeutung verlieren werden. Wenn gleichzeitig in den nächsten Jahren und Jahrzehnten regenerative Energieträger weltweit ihren Siegeszug fortsetzen, werden ebenso die fossilen Energieträger zur Erzeugung elektrischer Energie – für Elektromobilität und andere Sektoren – nach und nach zurückgedrängt.
Kritische Aufmerksamkeit haben in den letzten Jahren jedoch die Technologiemetalle erregt, die für die Batterien, Elektromotoren usw. der Elektrofahrzeuge benötigt werden. Debatten über Seltene Erden, Lithium, Kobalt etc. werden zu Recht geführt und Fragen zu deren Rohstoffversorgung und -sicherheit, den sozialen und ökologischen Auswirkungen der Rohstoffförderung sowie zum Recycling dieser Metalle gestellt.
2. 2. Relevante Komponenten und Rohstoffe
Wesentliche neue Komponenten in Elektrofahrzeugen im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor sind die Antriebsbatterie, der Elektromotor und die Leistungselektronik.
Für die Antriebsbatterien sind aller Voraussicht nach Lithium-Ionen-Batterien (LIB) zumindest bis 2030 die klar dominierende Technologie [1]. Hierunter erlangen die LIB mit Nickel-Mangan-Kobalt (abgekürzt NMC) im Kathodenmaterial aufgrund günstiger Eigenschaften wie Energiedichte usw. mehr und mehr Marktanteile. Wesentliche Schlüsselrohstoffe für diesen Batterietyp sind Lithium, Kobalt, Nickel sowie Grafit. Die Entwicklungen in der Batterietechnik nach 2030 sind schwer vorherzusehen bzw. zeitlich zu verorten. Neue, für die weitere Zukunft denkbare Systeme wie Natrium-Ionen-Batterien, Lithium-Schwefel-Batterien usw. (siehe ausführlich [2]) werden daher in diesem Beitrag nicht weiter behandelt.
Im Bereich der Elektromotoren sind permanent erregte Synchronmotoren mit Neodym-Eisen-Bor-Magneten zurzeit die erste Wahl aufgrund einer Reihe technologischer Vorzüge wie geringes Gewicht und Volumen bei gleichzeitig hoher Energieeffizienz. Für die Permanentmagnete dieser Elektromotoren werden rund 30 % Seltenerdmetalle wie Neodym, Praseodym, Dysprosium und Terbium eingesetzt. Vor allem bei den Elektromotoren für vollelektrische Pkw existieren allerdings bereits sehr unterschiedliche Motorkonzepte, die gänzlich ohne Seltene Erden auskommen. Alternativen wie Asynchronmotoren (ASM) und der Electrically/Externally-excited-Synchronmotor (EESM) sind in einzelnen vollelektrischen Modellen bereits schon auf dem Markt. Vor allem für Hybridfahrzeuge wird ein Umstieg auf Alternativen zu permanent erregten Synchronmotoren mit Neodym-Eisen-Bor-Magneten am schwierigsten eingeschätzt, da hier die Gewichts- und Volumenvorteile dieses Motorentyps besonders zum Tragen kommen. Allerdings gibt es neuerdings Teillösungen wie Elektromotoren mit Neodym-Eisen-Bor-Magneten, die ohne den Einsatz der schweren Seltenen Erden Dysprosium und Terbium (in vielen natürlichen Lagerstätten für Seltene Erden nicht relevant enthalten und daher tendenziell kritischer hinsichtlich Preis und Versorgung) auskommen.
Zu den Materialien bzw. Rohstoffen, die für die Komponente Leistungselektronik wichtig sind, liegen aus einem Verbundvorhaben mit Beteiligung des Öko-Instituts dezidierte Daten vor [3]. Neben Basismetallen wie Aluminium und Kupfer sind hier vor allem wertvolle Edelmetalle wie Gold, Silber und Palladium sowie Zinn zu nennen, die für die Platinen benötigt werden. Eine Demontage dieser Komponente aus Altfahrzeugen und eine effiziente Verwertung der unterschiedlichen Metalle ist eine realistische Perspektive [3].
Da die Rohstoffnachfrage bezüglich der Komponente Antriebsbatterie aktuell und vor allem mit Perspektive auf die nächsten Jahre besonders relevant ist, werden sich die folgenden Ausführungen auf die Schlüsselrohstoffe der Lithium-Ionen-Batterien fokussieren.
Ungeachtet dessen ist hinsichtlich der Gesamtentwicklung der Elektromobilität inklusive der notwendigen Infrastruktur anzumerken, dass das Basismetall Kupfer auf breiter Front starke Nachfrageimpulse bekommen wird. Kupfer ist wichtiger Bestandteil für alle drei genannten Fahrzeugkomponenten (Antriebsbatterie, Elektromotor, Leistungselektronik), ist aber zusätzlich relevant im Bereich der Ladeinfrastruktur, der Verteilnetze in den Stadtquartieren und perspektivisch auch für Oberleitungen auf Autobahnen und ausgewählten Bundesstraßen zur Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs. Es ist aber mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass die Abkehr von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor auch zu spezifischen Rohstoffeinsparungen führen wird: Wichtige Beispiele sind Blei für Starterbatterien oder Platingruppenmetalle für die Autoabgas-Katalysatoren.