Das Kieler Start-Up my Boo hat mit seinem E-Bike-Modell „my Volta“ kein gewöhnliches Rad auf den Markt gebracht: Der Rahmen besteht aus dem nachwachsenden Rohstoff Bambus. Auch die Produktion wird unter sozial nachhaltigen Gesichtspunkten abgewickelt.

Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal 04/2018 erschienen.

Zwei Jahre lang nahm die Entwicklung des Bambus-Bikes in Anspruch, bevor im Mai 2017 Ausstellungs­premiere gefeiert werden konnte. Der Bambus, den my Boo verwendet, wächst in Westafrika – genauer in Ghana. Dort wird die Pflanze, die zur Familie der Süßgräser gehört, für die Rahmenverarbeitung geerntet und weiterverarbeitet. Monatelanges Trocknen macht die sorgfältig ausgewählten Bambusrohre fest und widerstandsfähig, ein Lack-Finish schützt vor Wettereinflüssen. Bis zu 80 Stunden Handarbeit stecken in jedem dieser E-Bike-Rahmen. Ganz ohne herkömmliches Metall geht es allerdings nicht: Die Verbindungselemente für Gabel, Sattel und andere Komponenten bestehen aus Aluminium. Die finale Endmontage des E-Bikes findet dann in Kiel statt.

Das Pedelec aus Bambus mit integriertem Mittelmotor setzt auf einen Antrieb von Shimano. Der 418 Wh starke Motor unterstützt bis zu 25 km/h und schafft eine Reichweite bis 120 Kilometer. Besonders wichtig ist Unternehmensgrün­der Maximilian Schay die sozialverträgliche Herstel­lung der Rahmen. Vor Ort unterstützt my Boo mit einem ghanaischen Projektpartner verschiedene soziale Projekte für Kinder und Jugendliche.

  • Bambusrohre

    Stabil wie Stahl, leicht wie Aluminium: Monatelanges Trocknen machet die Bambusrohre fest und widerstandsfähig. (Quelle: my Boo GmbH)

  • Ghana Bambusrahmen

    Jedes Bambusfahrrad ist ein unikat und wird in etwa 80 Stunden Handarbeit gefertigt. (Quelle: my Boo GmbH)

     

  • Ghana Werkstatt

    my Boo lässt seine Rahmen in Kooperation mit dem Yonso Projekt, das die Jugenarbeitslosigkeit vor Ort bekämpfen will, in Ghana fertigen. (Quelle: my Boo GmbH)

  • Rdermontierung MyVolta

    Inzwischen arbeiten 40 Menschen in den Werkstätten von my Boo. (Quelle: my Boo GmbH)


    Warum eignet sich gerade Bambus als Material für Fahrradrahmen?

    Maximilian Schey: Bambus ist ein toller Rohstoff. Er wächst extrem schnell nach und bindet dabei viel CO2. Vor allem eignet sich Bambus aber technisch für den Bau von Fahrradrahmen hervorragend. Er ist komfortabel und stabil wie Stahl und dabei leicht wie Aluminium. Ganz besonders her­vorzuheben ist seine „natürliche“ Dämp­fung! Zusätzlich sind alle unsere Rah­men lackiert und damit witterungs­beständig, UV- und kratzfest.

    Worauf achtet my Boo bei der Auswahl der Pede­lec-Komponenten, die nicht aus Bambus sein können?

    Wie bei allen unseren Modellen ach­ten wir selbstverständlich auch bei unserem Bambus-Pedelec darauf, nur Markenkomponenten zu ver­wenden, um unseren Kunden auch einen nachhaltigen Fahrspaß zu ga­rantieren. Die besondere Raffinesse, neben dem Naturrohstoff der Rah­men, liegt in unserer Modellvielfalt und den zahlreichen Möglichkeiten, sich sein my Boo-Bambusfahrrad nach seinen eigenen Vorstellungen zu konfigurieren.

    my Boo stellt seine Fahrräder in Zusam­menarbeit mit einem sozialen Projekt in Ghana her. Welche Effekte hat die Ferti­gung der Bambusrahmen vor Ort?

    Seit mittlerweile fünf Jahren produzieren wir die Rahmen für unsere Bambusbikes in Kooperation mit einem sozialen Projekt in einem kleinen Dorf in Ghana. Bei unserem ersten Besuch vor Ort ­existierte ein kleiner Werkstattraum, in dem der Projekt­leiter mit seinen zwei Angestellten ar­beitete und erste Versuche ­startete, ­Produkte aus Bambus zu ferti­gen. Unsere Idee war es, Prozesse zu schaffen, die es ermög­lichen, in diesem kleinen Dorf, Fahrradrahmen aus Bambus in konstant hoher Qualität zu fertigen und diese zu hochwertigen Bambusfahrrädern für den Alltag aufzubauen, um diese weltweit zu vertreiben. Es sollten eine Wertschöpfung und neue Perspektiven in Ghana entstehen!

    Aktuell arbeiten bei unserem Partnerprojekt 40 motivierte und überdurchschnittlich fair bezahlte, junge Menschen in vier großen neuentstandenen Gebäuden. Das Projekt ist spendenunabhängig und steht auf eigenen Beinen. Besonders stolz sind wir darauf, im letz­ten Jahr angefangen zu haben, eine eigene ­Schule in diesem kleinen Dorf zu bauen, um so die Region noch gezielter nachhaltig zu entwickeln.

    Teile der Erlöse der my  Boo-Fahrräder fließen in Bildungsprojekte und eben in den Bau der Schule in der Ashanti ­Region. Welche Vision verfolgt my Boo dabei und welche weiteren sozialen Pro­jekte sind eventuell geplant?

    Zum einen soll durch die Schule Kindern und Ju­gendlichen aus ländlichen Gegenden der Region und aus ärmeren Verhältnissen der Zugang zu Bil­dung ermöglicht werden. Darüber hinaus geht es aber vorrangig darum, das die Kinder lernen, sich selbst informieren zu können, wichtige Entscheidun­gen selbstständig zu treffen und kritisch zu hinter­fragen. Daher gehört zum Bildungsprojekt und zu unserer Unterstützung aus Deutschland die Pla­nung eines nachhaltigen Lehrplans dazu. Aktuell planen wir von Kiel aus die Gründung eines eigenen Vereins, um den Erhalt der Schule auch nachhaltig garantieren zu können.

    Wird my Boo auf der Eurobike 2018 ver­treten sein? Gewinnen Nachhaltigkeit und soziale Aspekte auf der Messe zunehmend an Bedeutung?

    Auch dieses Jahr werden wir wieder auf der Euro­bike vertreten sein und feiern damit unser 5-jähri­ges Eurobike-Jubiläum. Es ist schön, zu sehen, wie wir und unsere Themen von Jahr zu Jahr von Be­suchern wie auch Presse ernster genommen wer­den und unsere Ideen Anklang finden. Wir wur­den dieses Jahr eingeladen, im Rahmen der Euro­bike Start-up Academy einen Workshop zu leiten und so unsere Erfahrungen der letzten Jahre und neue spannende Ideen weiterzugeben. So wollen wir dazu beizutragen, weitere sozial nachhaltige Ansätze in die Fahrradindustrie zu bringen.

    Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Schay. (sih)

    • MyBoo Maximilian Schay

      Interviewpartner

      Maximilian Schay

      Gründer und Geschäftsführer, my Boo GmbH

    • Bambus Pedelec MyVolta Screenshot

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