Nach knapp zwei Jahren Entwicklung und Bau der SAY29E Runabout CARBON feierte derzeit schnellste Elektromotorboot der Welt Ende Mai 2018 am Zürichsee Premiere und geht nun in den Serienbau. Wir haben die wichtigsten Fakten der SAY29E Runabout CARBON zusammengefasst und lassen außerdem Karl Wagner, CEO und Ideengeber der SAY GmbH, zu Wort kommen.
Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal 06/2018 erschienen.
Die Idee einer Motoryacht mit Elektroantrieb
Das Unternehmen SAY Yacht mit Sitz in Wangen im Allgäu beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit dem Bau von Motorbooten aus Carbon mit Hochleistungs-Verbrennungsmotor. Das Angebot reicht von Motoren aus der Rennsportschmiede bis zu modernen Elektrosystemen beispielsweise von Kreisel Electric. Im Zuge der zunehmenden Elektromobilität zu Lande und in der Luft wollte SAY diesen Trend auch auf dem Wasser umsetzen und hat die SAY29E Runabout CARBON entwicklet und gebaut. In den nächsten Jahren ist der Bau von drei bis fünf Booten pro Jahr in Planung.
Umsetzung und Besonderheiten
Der Rumpf
Yachten von SAY verfügen über einen Rumpf aus reinem Carbon. Durch die Carbon-Leichtbauweise, die auch bei etlichen Ausführungsdetails zum Einsatz kommt, trifft jedes PS der verbauten Hightech-Motoren auf minimalstes Gewicht, teils deutlich unter 3 kg. Der Carbon-Composite-Rumpf mit steilem Wavecutter schneidet sich durchs Wasser, dabei sorgen Sidewings für Stabilität und ermöglichen eine präzise Steuerung bei extremen Kurvengeschwindigkeiten.
Gleitfähigkeit
Die ultraleichte Rumpfkonstruktion ist sehr gleitfähig, daher können die Yachten Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 60 Knoten (ca. 108 km/h) erreichen. Darüber hinaus bietet die Leichtbauweise einen weiteren Vorteil. Das niedrige Gewicht führt zu höheren Reichweiten und einem geringeren Verbrauch. Welche Dynamik das Boot entfesseln kann, wird deutlich, wenn man weiß, dass sämtliche Einbauten und Befestigungen für eine Belastung der fünffachen Gewichtskraft (5G) ausgelegt sind. Um zusätzliche Lastspitzen zu absorbieren, wurden die schweren Akkus elastisch auf Federelementen gelagert.
Drei Betriebsmodi
Die SAY29E Runabout CARBON verfügt über eine ausgeklügelte Steuerungstechnik und verfügt über drei schaltbare Betriebsmodi.
1.Harbour-Modus: Hier ist das Drehmoment der Motoren begrenzt und die Maximalgeschwindigkeit liegt bei sieben Knoten (13 km/h). Das dient dem Fahrkomfort im Hafen und natürlich auch bei einer eventuellen Fehlbedienung des Gashebels der Sicherheit, denn bei 650 Nm wären exakte Manöver kaum durchführbar.
2.Sport-Modus: Hier ist die Leistung auf 180 kW und gleichzeitig auf Dauerleistung der Akkus ausgelegt. Die Yacht ist 22 Knoten (41 km/h) schnell und erreicht somit eine Reichweite von 28 Seemeilen (52 km).
3.Insane-Modus: Hier liegt die volle Spitzenleistung bei 360 kW. Damit beschleunigt das Boot innerhalb von ca. zehn Sekunden von Null auf 40 Knoten (74 km/h). Die Spitzenleistung mit 48 Knoten (89 km/h) wird kurzfristig erreicht, dann schaltet das System aus thermischen Gründen automatisch auf den Sport-Modus zurück.
Yachtdaten
Länge Wasserlinie: 7,62 m
Breite: 2,78 m
Tiefgang Rumpf: 0,46 m
Tiefgang mit Antrieb: 0,81 m
Gewicht leer: 1.990 kg
Kojen: 2
Kabinen: 1
Sitzplätze: 5
Zuladung: 500 kg
Preis: ab 349.000 Euro (ohne Steuer)
Integrierte Technologie
Multifunktionsdisplay für:
- Navigation mit Homefunktion
- Motorenmanagment
- Batteriemanagement
- Entertainment via Bluetooth
- Beleuchtungsmanagement
Antriebstechnik
Motorisierung: 360 kW (490 Hp) Peak Power, 180 kW Continues Power
Max. Geschwindigkeit: 89 km/h
Batterie: 120 kWh
Drehmoment: 650 Nm
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Yachtdaten
Länge Wasserlinie: 7,62 m
Breite: 2,78 m
Tiefgang Rumpf: 0,46 m
Tiefgang mit Antrieb: 0,81 m
Gewicht leer: 1.990 kg
Kojen: 2
Kabinen: 1
Sitzplätze: 5
Zuladung: 500 kg
Preis: ab 349.000 Euro (ohne Steuer)
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Integrierte Technologie
Multifunktionsdisplay für:
- Navigation mit Homefunktion
- Motorenmanagment
- Batteriemanagement
- Entertainment via Bluetooth
- Beleuchtungsmanagement
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Antriebstechnik
Motorisierung: 360 kW (490 Hp) Peak Power, 180 kW Continues Power
Max. Geschwindigkeit: 89 km/h
Batterie: 120 kWh
Drehmoment: 650 Nm
3 Fragen an Karl Wagner, CEO der SAY GmbH
Herr Wagner, worin besteht der Unterschied zwischen einer SAY Yacht mit Verbrennungsmotor und einer SAY Yacht mit Elektroantrieb?
Unsere Serienyachten haben einen Bootsrumpf aus Carbon und sind somit nur 380 Kilogramm schwer. Diese „Leichtigkeit“ des Rumpfes sollte bewahrt werden, trotz der ungewöhnlichen Zuladung der 900 kg schweren Batterien. Ziel war es, das Boot nicht schwerer als zwei Tonnen zu bauen – im Vergleich dazu wiegt eine SAY29 Runabout CARBON mit Verbrennungsmotor nur 1,5 Tonnen – was uns am Ende auch gelungen ist. Und das noch „vollgetankt“. Somit bleiben die Fahreigenschaften der Boote mit einer atemberaubenden Beschleunigung, hohen Geschwindigkeit und Agilität – und das vollelektrisch – ohne Abgase oder Lärm bestehen.
Bedingt durch das Gewicht der 2 x 50 kWh fassenden Batterien und den dadurch nach hinten veränderten Schwerpunkt mussten wir das Unterwasserschiff um 30 cm verlängern. Somit bekamen wir einen höheren Auftrieb und die Wasserlage des Bootes stimmte wieder.
In Verbrennungsmotoren inkludiert sind eine Hydraulikpumpe für die Lenkung und eine Kühlwasserpumpe. Beides mussten wir separat einbauen, da der von uns verwendete Z-Antrieb von Konrad aus den USA solche Eigenschaften nicht besitzt. Somit waren auch hier zusätzliche Komponenten notwendig. Zugunsten der Dynamik und des Gewichtes wurde auf ein Getriebe verzichtet, der Z-Antrieb und die zwei auf einer Welle sitzenden Schrauben sind mit dem Drehzahlbereich des Elektromotors optimal abgestimmt, dieser liegt bei 0 – 5.500 Upm. Ein Drehmoment von 650 Nm liegt dabei konstant am Z-Antrieb an.
Antriebsbedingt mit den zwei 180-kW-Elektromotoren liegt bereits ab dem ersten Augenblick die Leistung von insgesamt 650 Nm Drehmoment an dem Z-Antrieb an. Und das aus dem Stand heraus und linear über den gesamten Drehzahlbereich. Das merkt man insbesondere beim Startvergleich mit einer baugleichen Yacht mit Verbrennungsmotor. Und das ist ein besonderer Spaß. Mit dieser Leistung und dem wellentauglichen Design der Yacht erreichen wir eine Höchstgeschwindigkeit von 48,05 Knoten. Dies wurde auch mit einem Weltrekord durch die UIM (Union Internationale Motonautique) bestätigt.
Kreisel Electric liefert den Elektroantrieb der SAY29E Runabout CARBON. Wie kam es zur Zusammenarbeit und wie funktioniert der Antrieb?
Kreisel Electric bietet Produkte im Bereich der Elektrifizierung an. Das Unternehmen wurde 2014 von drei Brüdern gegründet und beschäftigt sich seitdem mit den Themen Elektromobilität, Batteriesysteme, Ladeinfrastruktur sowie stationäre Speichersysteme. 2017 kamen wir auf Kreisel Electric zu, um ein gemeinsames Projekt zu starten. Das Ziel war schnell umrissen, das schnellste und stärkste käuflich erwerbbare Elektroboot zu bauen.
Das Kreisel-Spezifikum der direkt umspülten Rundzellentechnologie in der Batterie erlaubt es auch ohne zusätzliche Temperatursenker, wie einem Klimakompressor, die erforderlichen Temperaturniveaus zu erreichen und zu halten. Mit einer Kapazität von 100 kWh sind bei einer angenehmen Fahrt von 25 Knoten ca. 50 km Reichweite realistisch. In der Serienproduktion werden die Boote bereits mit 120-kWh-Akku-Kapazität ausgestattet und können somit noch einmal um 20 Prozent mehr Reichweite bieten.
Das Ladekonzept beinhaltet einen CCS-Typ2-Ladeanschluss mit einem 22-kW-Onboard-Ladegerät, welches die Batterie in ca. 4,5 Stunden auf 80 Prozent lädt. Die Systemspannung des Hochvolt-Netzes beträgt 388 V und ist an automobile Standards angelehnt. Aufgrund der hohen Ströme von über 900 A, haben wir eine lange und intensive Erprobungsphase hingelegt und sind auf die speziellen Erfordernisse einer Yacht eingegangen. Durch zwei Seewasser-Wärmeübertrager behalten die Batterien und auch der Antrieb die optimale Betriebstemperatur.
Wie sehen Sie den Markt für Boote und Yachten mit Elektroantrieb?
Vor der Elektromobilität darf man sich nicht verschließen. Zu Lande, in der Luft und zu Wasser drängen immer mehr Produkte in den Markt. Wir wissen bereits jetzt, dass einige Seen im Süden Deutschlands, in Österreich, der Schweiz und Norditalien ein generelles Fahrverbot für Boote mit Verbrennungsmotoren ausgesprochen haben oder es in Planung ist. Dort werden in den Sommermonaten nur noch Boote mit Elektroantrieb zugelassen. Ebenfalls sind die Lizenzgebühren für Boote mit Elektroantrieb um ein Vielfaches günstiger als für Verbrennungsmotoren, liegen regional aber immer noch bei ca. 50.000 Euro. Darüber hinaus rüsten große und auch kleinere Yachthäfen Steganlagen mit Hochleistungsladestationen aus, um das Mehr an Strombedarf decken zu können. Tankstellen mit Mineralölen im Angebot werden reglementiert. Die Zukunft auf dem Wasser wird also – zumindest zu einem großen Teil – elektrisch sein.
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Autor
Ing. Karl Wagner
Geschäftsführer SAY GmbH
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