Zustandsdaten von HV-Batterien
Die Entscheidung, ob sich eine Batterie für 2nd-use eignet oder dem Recycling zugeführt werden muss, aber auch die Anforderungen an die Verpackung und Kennzeichnung der zu entsorgenden Batterie (ADR-Vorschriften), basiert im Wesentlichen auf den Zustandsdaten der HV-Batterie.
Die HV-Batterie ist das erste Produkt überhaupt, das automatisch alle Daten aus dem gesamten Produktlebenszyklus selbst erfasst und am Nutzungsende zur Verfügung stellen kann. Gerade für den Entsorgungsprozess wären diese Daten elementar wichtig, weil aufwendige Zustandstests (state of health) entfallen könnten und die Entscheidung über eine weitere Nutzung der Batterie oder die Zuführung zum Recycling automatisierbar wäre. Von einer solch automatisierten Auslesbarkeit oder einer Vereinheitlichung dieser Daten sind der deutsche und europäische Markt noch weit entfernt.
Es wird auch nicht genügen und zu einem hohen Mehraufwand führen, wenn der Letztanwender bzw. Abfallerzeuger für die Informationen über den Zustand der von ihm an den Entsorger übergegeben Batterie verantwortlich ist. Der Entsorger kann sich in diesem Fall nicht auf die vom Versender gegebenen Informationen verlassen, sodass Dreh- und Angelpunkt der gesamten Entsorgungskette und insbesondere der entstehenden Entsorgungskosten ist, wo, wie und wer eine Zustandserkennung bzw. Schnellmessung für die Batterie vornehmen kann.
Im größten Markt für Elektrofahrzeuge China wird mit der Einführung einer BIN (Battery Identification Number) und dem permanenten Tracking jeder HV-Batterie als Nebeneffekt die Datengrundlage für ein effizientes Recycling geschaffen und gesetzlich verankert. Mit der Einführung dieser Regelungen und dem Aufbau einer nationalen Plattform seit März 2018 bestehen in China die Voraussetzungen, den Recyclingprozess zentral zu steuern und den Recyclingunternehmen die benötigten Daten zur Verfügung zu stellen. Fragen des Datenschutzes und des Wettbewerbsrechts lassen ein solches Modell in Europa zwar nicht realistisch erscheinen, die Auslesbarkeit von einigen wenigen Batteriezustandsdaten für die Entsorgung sollte aber auch ohne datenschutzrechtliche Erwägungen möglich sein.
Recycling von HV-Batterien
Das eigentliche stoffliche Recycling der Batterie ist technologisch hingegen weitestgehend gelöst – über hydro- oder pyrometallurgische Verfahren werden, nach der vorausgehenden Demontage der Elektronik und der Ummantelung, vor allem definierte Metallverbindungen wieder zurückgewonnen (siehe beispielhaft Bild 3). Weitere Verfahren sind in Pilotanlagen im Einsatz oder im Aufbau. Da es derzeit nur wenige Recyclinganlagen in Europa mit begrenzten Kapazitäten gibt und die Transportwege extrem lang sind, ist zu erwarten, dass weitere Anlagen errichtet werden und zur Reduzierung von Transportkosten regional eine Vordemontage der HV-Batterie bis auf Zellebene erfolgt.
Bild 3: Das Recyclingverfahren der Umicore S.A. (Quelle: eigene Darstellung des Autors nach [3])
Nicht unbeachtet sollte das Interesse alternativer Märkte sein, gebrauchte HV-Batterien als Energiespeicher zu nutzen: Wie schon bei Elektrogeräten, Altfahrzeugen oder Textilien ist es wahrscheinlich, dass auch gebrauchte und funktionsfähige HV-Batterien den Weg in Märkte finden, in denen keine gesetzlichen Vorschriften für die spätere Entsorgung bestehen. Es müssen daher auch Mechanismen eingerichtet werden, die eine spätere, ungeregelte Entsorgung von HV-Batterien verhindern.
Da die Anwendung des Abfallbegriffs und damit des Abfallrechts gerade bei HV-Batterien mit nutzbarer Restkapazität noch zu erheblichen Diskussionen führen wird, ist es abfallrechtlich kaum zu regeln bzw. zu verbieten, Batterien in Drittmärkte zu verbringen. Daher sollten Überlegungen vorangetrieben werden, bei den HV-Batterien ein spezielles Pfandsystem zu prüfen, sodass es ein hohes wirtschaftliches Interesse gibt, HV-Batterien gegen Pfandrückerstattung nur an zugelassene Entsorger zu übergeben.
Schwer kalkulierbare Entsorgungskosten
Die Vielzahl von Batterietypen, der unterschiedliche Aufwand für die Zerlegung, die stark vom Zustand der Batterie abhängende Verpackung und die großen Unterschiede in der stofflichen Zusammensetzung von kompletten Batterien, Batteriepacks oder Zellen führen zu großen Unterschieden in den Entsorgungskosten. Neue Recyclingverfahren, günstigere Transportbehälter und effizientere Logistikstrukturen lassen aber mittelfristig eine Senkung der aktuell hohen Gesamtkosten erwarten.