Mit kontaktloser Energieübertragung kann man ganz kabellos das Smartphone ebenso wie ein Elektrofahrzeug laden. Eine erfolgversprechende Technologie dafür ist Magnetic-Resonance. Wie kontaktloses Laden unsere mobile Zukunft verändern und autonomen Fahrzeugen den Weg ebnen wird, erklärt Peter Wambsganß, Director of Business Development AIMM – Europe Region bei WiTricity Corporation.

Auf welchem Prinzip beruht das magnetische Resonanzverfahren, das dem WiTricity-System zugrunde liegt?

Peter Wambsganß: Das magnetische Resonanzverfahren beruht auf dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion. Elektromagnetische Induktion nutzt Magnetfelder, um Energie von einer Primärspule zu einer Sekundärspule zu übertragen. Eine direkte elektrische Verbindung ist damit nicht mehr nötig.

Welche Vorteile bringt dieses Verfahren im Vergleich zu anderen Verfahren der drahtlosen Energieübertragung wie z.B. der magnetischen Induktion, der Laser-basierten oder funktechnischen Übertragung mit sich?

Das von WiTricity entwickelte „Highly Resonant Wireless Power Transfer“ (HR-WPT) Verfahren ermöglicht die hocheffiziente Energieübertragung über größere Distanzen und große Positionierungsfreiheit. Die Energieübertragung durch nichtleitfähige Materialien ist ohne Wirkungsgradeinbußen möglich, sodass beispielsweise für das Laden von Elektrofahrzeugen, die Sendespulen unter Asphalt oder Beton angebracht werden können.

Versorgt die WiTricity-Technologie Elektroautos ebenso schnell mit Strom wie herkömmliche Ladesäulen?

Die durchschnittliche Ladezeit aktueller PHEVs (plug-in hybrid electric vehicle) und EVs (electric vehicles) beträgt mit aktuellen induktiven Systemen etwa vier bis acht Stunden. Kabelloses Laden benötigt also nicht mehr Zeit als das Laden mit einer in Heimanwendungen üblichen Wallbox. Die nächste Generation kabelloser Ladesysteme wird in der Lage sein, diese Ladezeit noch einmal zu halbieren. Damit sind kabellose Ladesysteme ideal, wenn das Fahrzeug für mehrere Stunden, beispielsweise in der heimischen Garage, geparkt ist. Da in vielen Fällen die täglich benötigte Reichweite unter 100 km liegt, wird in den meisten Fällen die tatsächlich benötigte Ladezeit jedoch deutlich kürzer sein.

Kann die WiTricity-Technologie auch zum Laden von elektrischen Nutzfahrzeugen und E-Bussen genutzt werden?

Ja. Die Technologie ist in der Leistung skalierbar und daher auch für das Laden von Nutzfahrzeugen oder E-Bussen geeignet.

Entscheidend für eine effiziente Energieübertragung ist ein hoher Kopplungsfaktor. Wie wird dieser erreicht?

Diese Aussage gilt für klassische, induktive Systeme, aber nicht für die von uns verwendeten hochresonanten Systeme. Entscheidend für die Effizienz der Energieübertragung ist daher das Produkt aus Kopplungsfaktor und dem geometrischen Mittelwert der Resonatorgüten. Durch den Einsatz von Resonatoren mit sehr hohen Güten und sorgfältiger Systemauslegung kann auch bei kleinen bis sehr kleinen Kopplungsfaktoren ein sehr hoher Wirkungsgrad erreicht werden.

Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, dass die WiTricity-Technologie neben Heimanwendungen auch im öffentlichen Bereich z.B. an Park&Ride-Plätzen oder vor Einkaufszentren eingesetzt werden kann?

Bevor sich das Konzept des kontaktlosen Ladens auch im öffentlichen Bereich durchsetzen kann, muss sich die Industrie auf gemeinsame Standards einigen. Nur so ist sichergestellt, dass alle Fahrzeuge problemlos Strom aus dem Netz beziehen können. Andernfalls kommt es zu den Schwierigkeiten, vor denen die Nutzer von Plug-in-Fahrzeugen heute stehen: Verschiedene Systeme konkurrieren und erschweren die Praktikabilität. Damit sich die Situation beim induktiven Laden nicht wiederholt, entwickeln die „Society for Automotive Engineers“ (SAE) sowie Standardisierungsgremien wie IEC (Internationale Elektrotechnische Kommission) und ISO Standards für das kontaktlose Laden von Elektrofahrzeugen. Die SAE J2954™ Task Force arbeitet an einem Standard, der die Kompatibilität zwischen Elektrofahrzeugen der weltweit produzierenden Automobilhersteller und kontaktlosen Ladestationen für die nächste Generation an Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden gewährleistet.

Geht von der Ladeplatte eine Strahlenbelastung aus? Wie wird diese möglichst gering gehalten?

WiTricity verwendet Zirkularspulen, die sich durch einen äußerst niedrigen magnetischen Streufluss auszeichnen. Bereits in einem Abstand von wenigen Zentimetern um die Resonatoren werden so international gültige Grenzwerte für die Emission von elektromagnetischen Feldern eingehalten. Das Volumen zwischen den Resonatoren wird zusätzlich mit Sensoren zur Lebendobjekterkennung überwacht und bei Annäherung eines Objektes die Energieübertragung reduziert beziehungsweise unterbrochen. Durch Einsatz von Zirkularspulen in Kombination mit Lebendobjektüberwachung wird die Sicherheit dieser Systeme gewährleistet.

In Schweden wurde im April die erste elektrifizierte Straße eröffnet, die Elektroautos über ein zweispuriges Schienensystem mit Strom versorgt. Kann die WiTricity-Technologie auch bald für Straßenflächen genutzt werden?

Die Technologie von WiTricity wurde bereits für das sogenannte dynamische Laden getestet und kann das von Ihnen angesprochene Schienensystem ersetzten. Zwar gibt es zum dynamischen Laden bereits Pilotprojekte, doch tatsächlich handelt es sich dabei noch um eine Zukunftsvision. Problematisch bei diesem Ansatz ist der auf der Infrastrukturseite notwendige Aufwand. Schneller umsetzbar hingegen sind quasi-dynamische Ladekonzepte, beispielsweise bei elektrisch angetriebenen Taxis oder Bussen, die bei jedem Halt nachgeladen werden.

Welche Vision haben Sie für die Ladetechnologie der Zukunft?

Kontaktloses Laden trägt maßgeblich dazu bei, unsere mobile Zukunft zu verändern und autonomen Fahrzeugen den Weg zu ebnen. Neben Sensoren, Kartierung und maschinellem Lernen ist das kontaktlose Laden unabdingbar für eine autonome Zukunft. Taxiflotten laden selbstständig ohne menschliches Zutun. Autos fahren alleine Parkplätze an, die mit einer kontaktlosen Ladestation ausgestattet sind. Nachdem die Energiereserven wieder aufgefüllt sind, parkt das Fahrzeug automatisch um und macht Platz frei für das nächste E-Auto.

Blicken wir noch weiter in die Zukunft, wird klar, dass kontaktloses Laden und autonome Fahrzeuge auch gut mit dem „Vehicle-to-grid-System“ (V2G) zusammenpassen. Mithilfe von V2G können Elektrofahrzeuge mit dem öffentlichen Stromnetz kommunizieren und dessen Energie sowohl speichern als auch abgeben. Ladezeiten können im Vorfeld geplant werden, um so die niedrigsten Strompreise auszunutzen. Die Autos dienen dann neben dem Stromnetz als Energiespeicher und könnten die Energie schnellstmöglich dorthin liefern, wo sie gerade gebraucht wird. Und das zu geringen Kosten.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Wambsganß. (sih)

 

  • PeterWambsganß Porträt

    Interviewpartner

    Dipl.-Ing. Peter Wambsganß

    Director of Business Development AIMM -  Europe Region, WiTricity Corporation

  • Screenshot Kontaktloses Laden Deckblatt

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