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Wo sehen Sie hier am meisten Informationsbedarf?

Nach wie vor ist leider immer noch zu wenig Information verfügbar. In den kommunalen Gremien und Verwaltungen, aber auch in den Stadtwerken ist wenig Bezug zur Realität vorhanden. Zum Beispiel erleben wir immer wieder, dass von Schnellladen bei einer AC-Ladeleistung von 22 kW gesprochen wird, was aber in jeder Ladesäulenverordnung als Normalladen ausgewiesen ist. Auch hält sich die Angst hartnäckig, mit einem Elektroauto nach 80 Kilometern liegen zu bleiben. Es fehlt somit an grundsätzlichen Informationen. Oft kommen Bürgermeister auf uns zu, denen von Sharinganbietern Elektroautos und Energieversorgern Ladesäulen zum Kauf angeboten werden, obwohl ihr Problem ein ganz anderes ist: Eine Mobilitätsanforderung zu lösen.

Aus Sicht der Kommune werden mit Elektromobilität keine Probleme gelöst, sondern neue geschaffen: Es muss Geld in die Hand genommen werden, es wird technisch und komplex und die Kommune ist auf Anbieter angewiesen, deren Angebote sie gar nicht einschätzen kann. Hier setzen wir also an und informieren, zeigen aber auch Mobilitätskonzepte auf, die tatsächlich das Problem der jeweiligen Kommune adressieren. Die Konzepte sollen natürlich möglichst nachhaltig sein, gehen aber weit über Elektromobilität hinaus und vernetzen sämtliche bestehende Systeme. Multimodale Mobilitätsketten, wie sie so schön in Studien angepriesen werden, müssen allerdings nicht nur für affine Bürger attraktiv, sondern auch für den Ottonormalverbraucher umsetzbar sein.

Wer ist Ihrer Ansicht nach in der Pflicht, Informationslücken zu schließen und die Elektromobilität voranzutreiben?

Jeder einzelne ist in der Pflicht, sich selbst zu informieren. Ich weiß nicht, ob man dafür jemanden verantwortlich machen kann. Es ist die Aufgabe der Kommune im Rahmen des Klimaschutzprozesses dafür zu sorgen, dass ein Informationsfluss stattfindet, der auch zu einem Ergebnis führt. Ich hatte ein Klimaschutzkonzept in der Hand, das von einem großen  Energieversorgungsunternehmen erstellt wurde. Da steht dann beispielsweise im Handlungsfeld 4 des EA-Prozess E-Mobilität, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur gefördert werden sollte. Es wurde auch berechnet, wie viele Kilometer man mit dem Elektroauto fahren kann und wie viel CO₂ man einspart. Dann wurde der Vorschlag aufgeführt, Carsharing und Bürgerbusse einzuführen, allerdings ohne darauf einzugehen, was das genau bedeutet und welche Wirkung die Maßnahmen haben können.

An dieser Stelle sollte sich die Kommune überlegen, welche Zielsetzungen entscheidend für den Klimaschutz sind. In einem solchen Verfahren wird man irgendwann an den Punkt kommen, dieses Handlungsfeld der Elektromobilität bespielen zu müssen. Dann beschließt man eben, ein Carsharing einzuführen und die Kommune übernimmt die Kosten, da es sonst niemand tut. Im besten Fall wird dieses Angebot genutzt, im ländlichen Raum ist das aber oft nicht der Fall. Dann geht das zu Lasten des kommunalen Haushalts. Spätestens an dieser Stelle muss die Kommune sich fragen, wen betrifft es noch und, wen können wir mit ins Boot holen.

 

Bild 3: In Bad Säckingen wurden die unterschiedlichen Aktivitäten der EEA-Kommune zusammengeführt, um daraus ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept zu erarbeiten.

Bild 3: In Bad Säckingen wurden die unterschiedlichen Aktivitäten der EEA-Kommune zusammengeführt, um daraus ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept zu erarbeiten. © Initiative Zukunftsmobilität

In einem Interview haben Sie einmal gesagt, dass Entscheider in Kommunen oftmals zu technisch denken. Was haben Sie damit gemeint?

In Deutschland wird das Thema des Klimaschutzes, das eigentlich der Hauptantrieb sein sollte, nicht genug mit durchgängigen Prozessen nachverfolgt. Viel eher scheinen wir eine technische Diskussion über Reichweiten, Ladeinfrastruktur, über Kosten und Glaubensfragen zu führen. Wir erleben, dass der Gemeinderat von Kommunen mit ernsthaftem Emissionsproblem einen vom Bund geförderten Klimaschutzmanager ablehnt, weil dafür keine Stelle geschaffen werden kann.

Seit Jahren wird den Kommunen die Vorreiterrolle in der Elektromobilität zugesprochen, unklar ist aber, wie diese aussehen soll. Man errichtet also Ladeinfrastruktur und elektrifiziert den Fuhrpark, um der Vorbildfunktion gerecht zu werden. Der ganzheitliche Rahmen, der wirklich Effekte erzielt, fehlt allerdings. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, den Kreis zwischen Klimaschutzzielen und der Elektromobilität zu schließen, sodass daraus messbare Ziele für nachhaltige Mobilität abgeleitet werden können – mit Kenngrößen, die sich im Klimaschutz wiederfinden.

Mit Klimaschutzverfahren wie dem EEA (European Energy Award) kann Bronze-, Silber- oder Goldstatus erreicht werden – über Ziele, die sich die Kommune selbst setzen kann. In den Kommunen, in denen wir tätig waren, sind die verkehrsbedingten Emissionen konstant geblieben oder sogar gestiegen, wohingegen alle anderen Emissionen wie Gebäudeemissionen gesunken sind.

Mobilitäts- und Zukunftsforscher Stephan Rammler forderte in einem Gastbeitrag für Die Zeit die Bürgermeister der einzelnen Städte und Kommunen dazu auf, nicht auf Entscheidungen des Bundes zu warten, sondern selbst aktiv zu werden. Würden Sie das unterschreiben?

Der Haushalt vieler Kommunen ist knapp und es entsteht der Eindruck, dass viel nur unternommen wird, weil es dafür Fördergelder gibt und man so die Co-Finanzierung dann schon irgendwie stemmen kann. Wir haben in den letzten Jahrzehnten in Deutschland eine Kultur gezüchtet, die wirklich darauf aus ist. Erst wenn Förderprogramme aufgelegt werden, ist plötzlich vieles möglich. In anderen Ländern wie beispielsweise in der Schweiz, wo wir auch einen Kunden haben, gibt es keine oder kaum Förderungen und es bewegt sich trotzdem viel. Unsere Erfahrung zeigt, dass der, der in Sachen Elektromobilität oder Mobilität im Allgemeinen aktiv wird, ein Problem erkannt hat, das er lösen möchte.

Natürlich möchte jeder die Probleme wirtschaftlich sinnvoll lösen, ohne Verluste zu machen und möglichst Gewinne einfahren. Manches geht natürlich nicht ohne Förderung, aber grundsätzlich würde ich Herrn Rammler durchaus beipflichten: Lieber nicht lange schielen und warten, ob es dafür Geld gibt, sondern einfach machen. Die meisten Kommunen wissen, wo sie klimaschutztechnisch stehen. Aus diesem Prozess heraus kann die Kommune eigentlich schon handeln. Bei einer genaueren gemeinsamen Analyse, stellen sich die Aufgaben, die gelöst werden müssen, und auch die möglichen Stellschrauben schnell heraus.

Der Bund hat erst kürzlich 35 Millionen in die Förderung von Elektrobussen investiert. Das sind hohe Summen, die sich immer nach viel anhören. Reicht die Förderung aus?

Das muss man immer in Relation sehen: Ein Elektrobus kostet in der Anschaffung immer noch doppelt so viel wie sein Pendant mit Verbrennungsmotor. Noch dazu stellt sich die Frage, wo ein Elektrobus gekauft werden kann. Anlaufstellen sind da immer noch eher Polen und China als Deutschland. Vor diesem Hintergrund sollte dann genau überlegt werden, wofür die Steuergelder am sinnvollsten eingesetzt werden. Wir haben in unseren Projekten schon einige Elektrobusse eingesetzt. Das waren immer umgerüstete 20-Sitzer-Sprinter mit 5,5 Tonnen. Das Umrüstungsunternehmen wollte dann eigentlich auch einen 50-Sitzer-Bus umrüsten, aber nach einem Besuch bei einem chinesischen Unternehmen, das im Jahr 1.000 Elektrobusse baut, hat man das schnell wieder fallengelassen.

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