Bessere Luft, leisere Fahrzeuge, generell mehr Lebensqualität für die Einwohner: die städtische Verkehrsinfrastruktur steht stärker denn je auf dem Prüfstand. Welche Chancen ergeben sich aus elektrifizierten Fahrzeugkonzepten - und woran hakt es noch?

Die eMobilJournal-Redaktion sprach mit dem Gründer und Geschäftsführer der Urban Mobility 24 GmbH, Reinhold Eder, über den Einsatz modernster Elektronutzfahrzeuge und neueste Trends im Bereich urbaner Verkehrskonzepte. Urban Mobility 24 GmbH ist seit 2005 als Anbieter für Elektrofahrzeuge am deutschen Markt aktiv. Das Unternehmen versteht sich als Kompetenzzentrum für Elektromobilität und bietet Lösungen für Gewerbe- und Privatkunden.

Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal Ausgabe 05/2018 erschienen.

 

Herr Eder, Sie haben sich 2005 dazu entschieden, mit Urban Mobility 24 ein Unternehmen für Elektromobilität zu gründen. Warum?

Reinhold Eder: Ich habe damals im März 2005 auf der Dataprint-Messe in Linz zum ersten Mal einen Segway gesehen und war sofort total fasziniert von der Technologie. Dann nahm ich Kontakt zum Segway-Händler in Wien auf und habe auf Nachfrage sodann ein Vertriebskonzept für das Produkt entwickelt. Auf einer Präsentation in Wien habe ich schließlich den Vice President von Segway kennengelernt. Das Konzept kam sehr gut an. Das war also der Startschuss für die Gründung der Urban Mobility 24 GmbH. Wir haben dann mit drei Segways und einem Startkapital von 25.000 Euro angefangen. Eine wilde Zeit - weil sich damals keiner für Elektromobilität interessierte.

Was hat sich seitdem getan?

In den vergangenen 13 Jahren sind wir vom belächelten „Freak-Unternehmen“ zum größten Vertriebs- und Servicepartner für Segway-Fahrzeuge avanciert. Und das weltweit. Wir haben in dieser Zeit einen Gesamtumsatz von insgesamt 50 Millionen Euro erwirtschaftet und unser Kompetenzzentrum für Elektromobilität kontinuierlich ausgebaut. Denn: Mehr als 50 Prozent aller urbanen Privatfahrten sind kürzer als fünf Kilometer, eine Distanz die in vielen Fällen leicht mit einem Elektrofahrzeug zurückgelegt werden kann. Das war und ist bis heute eine wichtige Voraussetzung für unser Geschäftsmodell. Der Segway ist vor allem im Tourismus ein voller Erfolg. Unsere Partner sind Hotels und Tourenführer, die Segways an Urlauber und Gäste vermieten. Eine intrinsische Motivation spielte mit Sicherheit aber ebenso eine Rolle. Denn: Wir wollten den Mobilitätserfordernissen von Menschen auf eine umweltschonende und angenehme Art und Weise vollumfassend gerecht werden. Und dafür braucht man Begeisterung und Leidenschaft! Heute gehören wir zu den Pionieren emissionsfreier und umweltschonender Elektromobilität.

Sie bieten inzwischen auch Elektronutzfahrzeuge – unter anderem von der Marke StreetScooter an. Aus welchen Bereichen bekommen Sie hier Anfragen?

Wir stehen unmittelbar vor dem Eintritt in ein neues Mobilitätszeitalter - nachhaltig, vernetzt und autonom. Das gestiegene Umweltbewusstsein der Menschen und strengere Vorschriften für Abgasemissionen bei Verbrennungsmotoren machen Elektronutzfahrzeuge für kommunale Einrichtungen, Logistikunternehmen und den Deutschen Mittelstand zu einer attraktiven Wahl und zu einem festen Bestandteil zukunftsweisender und wirtschaftlicher Flottenlösungen. Unternehmen, die zukunftsorientiert handeln, Kommunen und Städte, Kliniken und Lieferdienste – einfach jedes Unternehmen, das Fahrzeuge im regionalen Einsatz hat, sollte solche Flottenlösungen als neue und zeitgemäße Option nutzen.

Für uns steht fest: Elektromotoren speziell für Nutzfahrzeuge, sind der Antrieb der Zukunft, gerade in Städten. Denn dort ist die Umweltbelastung durch den Schadstoffausstoß besonders hoch. Der Einsatz von Elektronutzfahrzeugen ist wesentlich günstiger und umweltschonender. Das gilt für nahezu alle Branchen. Wer jetzt zugreift kann diverse Förderprogramme in Anspruch nehmen, arbeitet wirtschaftlicher und geht mit gutem Beispiel voran.

Weshalb kommt die Elektromobilität in diesem Bereich trotzdem nur so schwer voran?

Wir brauchen eine ganzheitliche Strategie zur erfolgreichen Etablierung der Elektromobilität in Deutschland, welche die Vorteile und Chancen besser in den Vordergrund rückt: Die Autos der Zukunft werden elektrisch fahren. Die zentrale Frage ist: Wann sind diese Fahrzeuge den Verbrennern ebenbürtig? Manche Branchenkenner sehen den sogenannten „Tipping Point“ auf Gesamtkostenbasis schon in den nächsten zehn Jahren erreicht. Ab diesem Zeitpunkt soll ein Elektroauto günstiger sein. Auch die Umweltbilanz eines Elektrofahrzeugs überzeugt. Denn: Elektrofahrzeuge haben zwar, bedingt durch die Batterie, bei der Produktion und Entsorgung einen größeren CO2-Fußabdruck. In der Nutzungsphase jedoch ist ein Elektrofahrzeug wesentlich CO2 ärmer als ein vergleichbarer Verbrennungsmotor. Würde demzufolge ein elektrischer Kompaktwagen mit dem EU-28-Strommix fahren, würde sich die CO2-Bilanz bereits nach etwa 25.000 km gegenüber dem vergleichbaren Dieselfahrzeug ausgleichen.

Wenn man sich den gesamten Lebenszyklus ansieht, stellt man fest, dass ein Elektrofahrzeug im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug bis zu 50 Prozent weniger CO2 ausstößt. Diese Werte gelten für den EU-28-Strommix, während beim deutschen Strommix der Einsparwert immerhin 40 Prozent beträgt. Beim chinesischen Strommix sind es dagegen 15 Prozent. Auch beim Thema Batterieentsorgung und Recycling muss Aufklärungsarbeit betrieben werden: Das vorgenannte Themenfeld macht nämlich gerade mal etwa zwei Prozent der CO2-Gesamtbilanz eines Elektrofahrzeugs aus.


Weshalb zögern Städte und Kommunen noch bei der Anschaffung von Elektrofahrzeugen?

Die Haushaltssituation vieler Kommunen ist nach wie vor angespannt. Es geht hier aber auch um eine Mentalitätsfrage: Die Mobilitätswende erfordert auch einen Wandel im Denken. Deshalb sehen wir in der Elektromobilität ein enormes Wachstumspotenzial. Und diese Ansicht teilen viele. Da werden in manchen deutschen Städten schon jetzt Transporter durch Elektrofahrräder und Elektronutzfahrzeuge ersetzt. So auch beispielsweise bei der Deutschen Post. Darüber hinaus steigen ebenso immer mehr Pflege- und Lieferdienste sowie Autokuriere auf Elektrofahrzeuge um. Finanzielle Anreize sollen diesen Trend weiter vorantreiben: Das Potenzial für eine urbane Mobilität mit Zukunft existiert also bereits - ob fliegende Autos und Lufttaxis nun zusätzlich die Städte erobern werden oder nicht, spielt jetzt erstmal keine so große Rolle.

Welche Fördermöglichkeiten haben Interessenten?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das Bundesministerium für Umwelt (BMU), das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg sowie der Förderträger Elektromobilität NRW setzen mit attraktiven Förderprogrammen auf Elektromobilität. Drei Beispiele: Die sehr attraktive Förderung für Baden-Württemberg, der BW-e-Gutschein, kann ab sofort nicht mehr beantragt werden. Das Förderprogramm wurde sehr gut angenommen, sodass nun der Fördertopf ausgeschöpft ist. Es besteht aber die Möglichkeit, dass eine Neuauflage der Förderung noch in diesem Jahr erfolgt. Auch die Antragsstellung für das bundesweite Förderprogramm „Elektromobilität des BMVI“ beinhaltete Förderprämien, erfolgte einstufig und war jedoch nur bis zum 31.08.2018 möglich.

Seit 01.07.2018 gibt es zudem das Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität Berlin“. Gefördert wird die Anschaffung von Elektrofahrzeugen mit einem festen Zuschuss. Antragsberechtigt sind kleine und mittlere Unternehmen und Selbstständige mit Sitz oder Betriebsstätte in Berlin. Der StreetScooter Work beispielsweise wird mit 4.000 Euro bezuschusst, der StreetScooter Work L mit 8.000 Euro (siehe Bild 1). Das Programm ist kumulierbar mit anderen Förderprogrammen. Wir empfehlen, das Berliner Programm mit dem Umweltbonus und dem bundesweiten Programm „Elektromobilität des BMVI“ zu kombinieren und so Förderprämien von bis zu 18.000 Euro für den Kunden zu beantragen. Solange der Fördertopf gefüllt ist, können Anträge bis zum 31.12.2019 gestellt werden.

StreetScooter

Bild 1: Der Work (20 kWh) und der Work L (40 kWh) der Marke StreetScooter sind jeweils in drei verschiedenen Varianten erhältlich - Pickup, Pure (Fahrzeug ganz ohne Aufbau) und Box (siehe Bild). © Urban Mobility 24 GmbH

 

Seit Februar 2018 steht fest, dass Städte und Kommunen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge aussprechen dürfen. Was bedeutet das für urbane Verkehrskonzepte?

Die neue Ära der Mobilität führt zu neuen Lebensräumen mit faszinierenden Möglichkeiten und großen Herausforderungen. Die Elektromobilität ist in diesem Zusammenhang ein Zukunftsthema, das infrastrukturell begleitet und erschlossen werden muss. Wir brauchen also intelligente Energienetze und eine gute Ladeinfrastruktur. Das Bundesförderprogramm für Ladesäulen richtet sich an private Investoren, Städte und Gemeinden und ist hierfür ein erster richtiger und wichtiger Schritt. Das schafft auch nachhaltige Mobilität in infrastrukturell schwächeren Regionen. Neben dem Aufbau einer innovativen Standortstruktur von Ladesäulen sollte vor allem die Integration öffentlicher Einrichtungen mit dem öffentlichen Personennahverkehr und dem Tourismus vorangetrieben werden.


Was bringt diese Entwicklung für Vorteile?

Die Städte und Kommunen von morgen kennen keinen Stau. Neue Mobilitätsprojekte sichern die Lebensqualität in Stadt und Region. Die Erfüllung der Mobilitätserfordernisse wird sich in 25 Jahren vor allem elektrisch und autonom sowie durch eine organisierte gemeinschaftliche Nutzung von Elektrofahrzeugen lösen lassen. Dabei geht es auch um mehr Platz und bessere Luft. E-Bikes wie das Work Bike oder das Work Trike (siehe Bild 2 und Bild 3) könnten demnach zu den Treibern der Mobilitätswende werden. Denn als elektrifizierte Variante wird das Fahrrad meines Erachtens ein wesentlicher Teil moderner Mobilitätskonzepte sein. Dabei gilt stets: Elektrisch durch die City mit hoher Nutzlast. Sicher, belastbar, emissionsfrei, kraftvoll – das ist moderner, innerstädtischer Transport. Die E-Bikes weisen eine Unterstützungsgeschwindigkeit von bis zu 25 km/h und eine Reichweite von maximal 35 km auf. Das alles bei wahlweise einer Zuladung von bis zu 50 kg beim Work Bike oder maximal 90 kg beim Work Trike.

  • Bild 1

    Bild 2: Das Work Bike weist eine Unterstützungsgeschwindigkeit von bis zu 25 km/h und eine Reichweite von maximal 35 km auf – bei wahlweise einer Zuladung von bis zu 50 kg.

  • Bild 2

    Bild 3: Beim Work Trike können sogar bis zu 90 kg zugeladen werden.

Wie sieht die Zukunft der Mobilität und speziell des Nutzfahrzeugverkehrs in der Stadt und auf dem Land aus?

Autobahnen, Schienenwege, Wasserstraßen und vor allem urbane und innerstädtische Verkehrswege sind Hauptschlagadern der Wirtschaft. Gerade hier geht es um ein intelligentes Zusammenspiel zwischen Nah- und Fernverkehr. Und: Wir müssen den menschlichen Grundbedürfnissen nach Sicherheit und Mobilität einfach besser nachkommen. Flexibilität, Zeitersparnis, Entlastung, Nachhaltigkeit und Lebensqualität müssen durch einen zukunftsfähigen und smarten Technologie- und Mobilitätsmix also dauerhaft sichergestellt werden.

Wie geht es weiter?

Im Jahr 2050 sollen knapp 70 Prozent der Menschheit im städtischen Umfeld leben. Ferner erfordert der demografische Wandel neue, intelligente und energieeffiziente Infrastrukturkonzepte. Dabei steht eines schon heute fest: Die Zukunft der Mobilität wird clever, nachhaltig und aufregend sein. Alternative Antriebe und Sensorik ebnen den Weg zum umweltschonenden und autonomen Fahren. Zuhause angekommen, wird das Fahrzeug Teil des Stromnetzes. Damit kann das Fahrzeug Verbrauchsspitzen abfedern oder überschüssigen Strom zum Aufladen der eigenen Akkus verwenden.

Elektromobilität ist also stark im Kommen und auch für Unternehmen bietet die neue Form der Mobilität großes Potenzial. Denn: Unternehmen leisten mit der Verfügbarkeit von Elektrofahrzeugen im Fuhrpark und durch Bereitstellung von Ladesäulen einen aktiven Beitrag zur Energiewende. Eine öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur bringt zudem neue kaufkräftige Besucher, Kunden und Gäste an den Geschäftssitz. Firmen können mit Elektrofahrzeugen überdies ihren Mitarbeitern einen Mehrwert bieten und so ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Eder. (fei)

  • Reinhold Eder Urban Mobility 24 GmbH

    Interviewpartner

    Dipl.-Betriebswirt (FH) Reinhold Eder

    Geschäftsführender Gesellschafter, Urban Mobility 24 GmbH

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