Concept Fire Truck: Mit allen Wassern gewaschen

Vier Jahre hat die Entwicklung des Concept Fire Trucks (CFT) gedauert, bevor die Rosenbauer International AG das Löschfahrzeug im September 2016 erstmals präsentieren konnte. Die neuartige Fahrzeugarchitektur und der elektrifizierte Antrieb zeigen, wie die Zukunft der Feuerwehren aussehen könnte.

Dieser Beitrag ist zuerst in eMobilJournal Ausgabe 05/2018 erschienen.

Der Weg zum Konzept

In der ersten Entwicklungsstufe des Concept Fire Truck stand für Rosenbauer interessanterweise nicht zuerst die Technik, sondern die zukünftigen Anforderungen an die Feuerwehren im Vordergrund:  Welche Chancen und Risiken bergen die zunehmende Urbanisierung, sowie Klimaschutz, demografischer Wandel, Konnektivität und Elektromobilität? In welchem Ausmaß werden sich diese und weitere, sogenannte Megatrends auf die Organisation und Technik der Feuerwehren auswirken? Im Austausch mit Fach- und Feuerwehrexperten auf internationaler Ebene sowie mittels Studienerhebungen zeichnete sich so ein umfassendes Trendbarometer für das Feuerwehrwesen ab.

Auf Grundlage dieser sogenannten Feuerwehr-Trendmap 3.0 und durch die Entkopplung des Radantriebes des Motors entwickelten die Rosenbauer-Ingenieure die auffällige Fahrzeugarchitektur des Concept Fire Trucks. Um die Anforderungen an den Elektromotor und die Batterien zu evaluieren, untersuchte Rosenbauer außerdem Telemetriedaten von ausgewählten Feuerwehrfahrzeugen im Echtbetrieb. Die Ergebnisse zeigten, dass die Fahrzeuge im Schnitt sechs- bis achtmal täglich ausrückten und der Einsatzradius in der Regel unter zehn Kilometern lag. Zurück in der Feuerwache stand das Fahrzeug dann zum überwiegenden Teil länger als eine Stunde an Ort und Stelle.

Bild 1: Der Concept Fire Truck ist keine Weiterentwicklung, sondern steht für eine neue Herangehensweise

Bild 1: Der Concept Fire Truck ist keine Weiterentwicklung, sondern steht für eine neue Herangehensweise. © Rosenbauer International AG

Der Concept Fire Truck

Als Konsequenz ist ein verhältnismäßig kleiner Akkumulator mit 20 kWh Kapazität im Concept Fire Truck verbaut. Die maximale Ladeleistung beträgt 3,6 kW, was eine Ladezeit von knapp sechs Stunden bedeutet. Im rein elektrischen „Silent Mode“ kann das Plug-In-Löschfahrzeug etwa 20 Kilometer weit fahren. Im „Power Mode“ mit zugeschaltetem dieselbetriebenem Range Extender wird die Reichweite dann nur durch den Inhalt des Kraftstofftanks begrenzt. Die elektrische Antriebsleistung beträgt 350 kW, zwei Elektromaschinen treiben jeweils eine Fahrzeugachse an. In Summe kommt der Concept Fire Truck auf 475 PS Peak-Leistung und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 110 km/h.

Chassis, Fahrerkabine und der Mannschaftsraum, der Platz für acht Personen bietet, bilden beim Concept Fire Truck eine Einheit. Die Vorteile dieser Vorgehensweise sieht Rosenbauer in einer optimierten Fahrdynamik und Fahrstabilität sowie einer niedrigen Fahrzeughöhe bei zugleich besserer Raumausnutzung. 2,35 Meter breit und 7,6 Meter lang ist das Einsatzfahrzeug, der Wendekreis liegt bei unter zwölf Meter.

Bild 2: Der Concept Fire Truck ist ein Löschfahrzeug, Hilfeleistungsfahrzeug, Universalfahrzeug und Rettungsfahrzeug zugleich.

Bild 2: Der Concept Fire Truck ist ein Löschfahrzeug, Hilfeleistungsfahrzeug, Universalfahrzeug und Rettungsfahrzeug zugleich. © Rosenbauer International AG

Die Pläne

Nach der Präsentation der Konzeptstudie vor gut zwei Jahren wird in dem neu gegründeten Tochterunternehmen Rosenbauer E-Technology Development GmbH an der Serienumsetzung des Concept Fire Trucks gearbeitet. Das Start-up fokussiert sich auf aktuelle technologische Aspekte der Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen und deren Vorteile für die Anwender. Ein weiteres Themengebiet sind mögliche Ladestrategien und Ladeinfrastruktur-Lösungen für die Feuerwache der Zukunft. Auch Praxiserfahrungen sollen in die Serienfertigung-Vorbereitung einfließen: Dafür soll der Concept Fire Trucks in sogenannten Modellregionen eingesetzt werden, um das elektrifizierte Löschfahrzeug weiter zu optimieren. 


3 Fragen an Michael Friedmann, verantwortlich für Strategie, Innovation und Marketing bei Rosenbauer International AG

 

Herr Friedmann, mit welchen besonderen Herausforderungen sahen sich die Ingenieure bei der Entwicklung des Concept Fire Truck (CFT) konfrontiert?

Die größte Herausforderung war sicher die Vielzahl der Innovationen in so kurzer Zeit umzusetzen und die technische Machbarkeit unter Beweis zu stellen. Eine weitere große Herausforderung stellten die Prototypkomponenten und Serienbauteile dar. Bei den Prototyp-Bauteilen gestaltete sich die Suche nach entsprechenden Engineering-Partnern teilweise durchaus schwierig. Bei Serienkomponenten war es vor allem eine Herausforderung, große Hersteller zu überzeugen, bei dieser Konzeptstudie aktiv mitzuarbeiten.

Unser Ziel ist es, bei einer Serienumsetzung der CFT-Technologie im Wesentlichen auf Serienkomponenten zurückzugreifen, die dann natürlich zum Teil für unsere spezielle Anwendung angepasst werden. Ein solches Projekt kann Rosenbauer unmöglich alleine stemmen. Wir arbeiten mit einem Netzwerk von unterschiedlichen Institutionen und Forschungseinrichtungen wie zum Beispiel TU Wien, TU Graz und TÜV und Unternehmen wie AVL und Brusa zusammen. Im Alleingang wäre ein solches Projekt wie der CFT kaum machbar.

In der aktuellen Konzeptstudie des Concept Fire Trucks fungiert ein Dieselmotor als Range Extender. Wäre auch ein rein batterieelektrisch betriebenes Fahrzeug umsetzbar?

Wenn eine entsprechende Ladeinfrastruktur in der Feuerwehrstation vorhanden ist, kann die Fahrleistung an sich rein batterieelektrisch erbracht werden. Allerdings könnte diese Antriebsform aus unserer Sicht in erster Linie bei Rüstfahrzeugen oder Fahrzeugen umgesetzt werden, die eine selbständig angetriebene Tragkraftspritze oder ein Motor-Pumpenaggregat an Bord haben.  Denn laut Feuerwehrnorm muss gewährleistet sein, dass ein Löschfahrzeug mindestens vier Stunden Pumpenbetrieb leisten kann. Die Feuerwehrpumpe hat eine Leistungsaufnahme von etwa 130 kW im Maximalbetrieb. Alleine daraus ergibt sich eine theoretisch erforderliche Batteriekapazität von über 500 kWh. Das Gewicht einer solchen Batterie würde geschätzt etwa fünf Tonnen betragen. Da bleibt kaum mehr Platz für Ausrüstung, Wasser und Schaum.

Bei sogenannten Großschadensereignissen ist die Erwartungshaltung der Feuerwehren zudem, ein „Endlosbetrieb“ durch Nachtanken sicherstellen zu können. Daher ist eine zusätzliche Energiequelle zwingend erforderlich. Im ökologischen Sinne ist natürlich die Frage legitim, ob nicht künftig auch Brennstoffzellen als Range Extender eingesetzt werden können. Darüber denken wir auf jeden Fall nach.

Wie gestaltet sich Ihrer Erfahrung nach der nationale und globale Markt für elektrifizierte schwere Einsatzfahrzeuge?

Unserem Wissen nach hat zumindest derzeit keiner unserer Mitbewerber ein ähnliches Konzept präsentiert. Wir gehen jedoch davon aus, dass es überall Überlegungen gibt, künftig schwere Einsatzfahrzeuge auf elektrifizierten Lkw-Chassis aufzubauen. Diese Möglichkeit schließen wir nicht aus. Wir sind uns aber bewusst,  dass sich die feuerwehrtechnischen Vorteile wie Ergonomie und Fahrdynamik in Grenzen halten werden, wenn man auf ein Lkw-Fahrgestell aufbaut. Darüber hinaus muss auch bei elektrifizierten Lkw-Chassis die Frage des Endlos-Pumpenbetriebs technisch geklärt werden. Schlussendlich wird es natürlich auch entscheidend sein, zu welchen Preisen diese neuen Fahrzeuge realisierbar sind. Hier müssen die Gesamtlebenskosten im Verhältnis zum Verkaufspreis bewertet werden.

Vielen Dank, Herr Friedmann.

 

 

  • Michael Friedmann Rosenbauer International AG

    Autor

    Dipl. Ing. Michael Friedmann

    Geschäftsführer der Rosenbauer E-Technology Development GmbH

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